Regulierung steigert Kosten
Niedrigere Schwefelgrenzwerte für Schiffstreibstoffe werden die Kosten für Schifffahrtsunternehmen deutlich erhöhen.
Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Neue Schwefelemissions-Regulierungen in Emission Control Areas – Auswirkungen auf Kraftstoffpreise“ des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) im Auftrag der HSH Nordbank. Die strengere Regulierung des Schwefelausstoßes durch die MARPOL-Annex-VI-Richtlinie konfrontiere die maritime Wirtschaft, aber auch angrenzende Branchen mit signifikanten ökonomischen Risiken. Eine wesentliche Rolle spiele dabei die künftige Entwicklung der Treibstoffpreise, insbesondere die erwartete Preisschere zwischen dem relativ günstigen Bunkeröl mit hohem Schwefelgehalt und dem vergleichsweise teuren Marinediesel.
Der Einbau von Filteranlagen lohnt sich der Studie zufolge bei einem großen Preisunterschied, ist aber, abhängig vom gewählten System, mit weiteren Kosten verbunden. Demgegenüber sei der Umstieg auf den niedrigschwefeligen Treibstoff MGO (Marine Gasoil) beziehungsweise MGO und HSFO (High Sulphur Fuel Oil) für Betreiber, die ihre Schiffe in Emissionskontrollgebieten (ECA) einsetzen, bei geringem Preisunterschied sinnvoll. Allerdings entstünde ein erheblicher Wettbewerbsnachteil, wenn dieser Treibstoff aus technischen Gründen auch außerhalb der Kontrollgebiete verwendet werden müsste. Im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre lag der Preisaufschlag für MGO gegenüber HSFO bei 294 Dollar je Tonne.
Die obige Grafik aus der Studie zeigt die Entwicklung der Preise von Rohöl und verschiedenen Schiffstreibstoffen. Die Preise für Heavy Fuel Oil (HFO) und Low Sulphur Fuel Oil (LSFO) lagen von Mitte 2009 bis Ende 2014 gegenüber dem Referenzzeitpunkt Januar 2008 höher als die Preise für Rohöl und MGO.
Die Begrenzung des Schwefelanteils auf 1,0 Prozent in den Emissionskontrollgebieten zum 1. Juli 2010 war mit einem leicht stärkeren Preisanstieg von LSFO einhergegangen, der sich in der Folge aber wieder abschwächte. Auch zu anderen Zeitpunkten, an denen Regulierungsmaßnahmen in Kraft traten, stellten sich allenfalls kurzfristige Effekte auf die Preisentwicklung ein.
„Kurzfristig lässt sich feststellen, dass die Einführung der 0,1-Prozent-Grenze zum 1. Januar 2015 mit einem starken Rückgang des Rohölpreises einherging“, so die Studie. Im Januar sei der Preis für HFO – parallel zum Rohölpreis – prozentual zwar stärker gesunken als für MGO mit einem Anteil von 0,1 Prozent Schwefel. Absolut betrachtet sei jedoch der Preis für schwefelarmen Treibstoff stärker zurückgegangen, so dass die Schere zwischen HFO und MGO von 300 auf 260 Dollar pro Tonne gesunken ist.
„Unsere Berechnungen zeigen, dass die laufenden Kosten für Schiffsbetreiber in den ECA bei einer vollständigen Umstellung von Schweröl auf Mitteldestillate um bis zu 20 Prozent ansteigen können. Für ein Feederschiff, das ausschließlich in der Ostsee operiert, würden sich die Zusatzkosten durch den Treibstoffwechsel in diesem Fall auf bis zu 28 000 Dollar pro Woche belaufen“, sagte Dr. Christian Growitsch, Sprecher der Geschäftsführung des HWWI.
Ausgehend vom gegenwärtigen Treibstoffverbrauch in der Schifffahrt wird es bei einem breiten Wechsel auf niedrigschwefelige Treibstoffe im Jahr 2020 zu einer abrupten Nachfragesteigerung nach Mitteldestillaten um zehn Prozent kommen, so die Studie. Aufgrund eines relativ starren Angebots an Ölprodukten könnten Raffinerien kurz- bis mittelfristig kaum auf das veränderte Nachfrageverhalten reagieren. Daher sehe sich die Seeschifffahrt mit einem schwer abzuschätzenden Preisrisiko konfrontiert. Dieses Risiko könne sich auch auf Mitteldestillate wie Heizöl, Kerosin und Dieselkraftstoff auswirken. Auch eine Verlagerung des Transports auf Straße und Schiene sei nicht auszuschließen.
Ingmar Loges, Leiter der Schiffssparte der HSH Nordbank, betont: „Gerade vor dem Hintergrund der zu erwartenden Preissteigerung müssen Modernisierungen und Nachrüstungen in der Schifffahrt nicht nur als Kostenfaktoren verstanden werden, sondern vielmehr als Investitionen, die zu Wettbewerbsvorteilen führen können.“ fab