Nur die Griechen „beachen“ noch mehr

Acht von zehn Schiffen wurden 2016 an ungeschützten Stränden verschrottet. Allein aus Deutschland kamen 97 „gebeachte“ Schiffe.

Das geht aus dem Jahresbericht der NGO Shipbreaking Platform hervor. Von den insgesamt 862 im vergangenen Jahr verschrotteten Einheiten, die die Platform registriert hat, seien 668 vor allem auf südasiatische Strände gefahren worden. Das sind rund 77,5 Prozent. Dabei kamen mit 104 Schiffen die meisten gestrandeten Fahrzeuge aus Griechenland.

Trotzdem fällt das Urteil vor allem für Schiffseigner in Deutschland besonders verheerend aus. Denn im Verhältnis zu den insgesamt 99 verschrotteten Einheiten im vergangenen Jahr werde deutlich: Gerade einmal zwei deutsche Schiffe endeten nicht an einem Strand. Von den verbleibenden 97 seien 40 Prozent in Bangladesch aufgelaufen, wo die Platform die schlimmsten Arbeits- und Umweltbedingungen identifizierte. Der Report berichtet auch von zahlreichen, oftmals tödlichen Unfällen. So seien beispielsweise beim Abwracken der „Renate N“ in Chittagong drei Menschen gestorben, drei weitere wurden schwer verletzt. „Es ist nicht das erste Mal, dass die Arbeiter in den Abwrackwerften mit ihrem Leben für die verfehlten Geschäftspraktiken deutscher Reeder und Schiffsfonds bezahlen“, sagt Patrizia Hei degger, Geschäftsführerin der Platform. „Erst schafft die Schifffahrtsindustrie eine gewaltige Überkapazität auf dem Markt und versagt dann dabei, nachhaltige Lösungen für die überzähligen Schiffen zu finden.“ Insgesamt habe die NGO 22 tote und 29 schwer verletzte Arbeiter allein in Bangladesch gezählt.

Verantwortung abwälzen

Die Daten des Jahresberichts hätten ebenfalls gezeigt, dass sich die Reedereien weiterhin der Verantwortung entziehen, indem sie den Verkauf über Cash Buyer wie GMS und Wirana abwickeln. Sie ließen die Schiffe dann zu den höchsten Preisen verschrotten, die jedoch in der Regel von den schlimmsten Abwrackern angeboten würden. Für die letzte Fahrt werde die Flagge gewechselt – am häufigsten Panama und Liberia, aber auch St. Kitts and Nevis sowie Komoren und Palau – um die Auf- und Gesetzeslagen möglichst gering zu halten. „Wer glaubt denn, dass die Flagge eines pazifischen Steuerparadieses und ein anonymer Schrotthändler, der von den minderwertigen Praktiken profitiert, Verbesserung in der Schiffabwrackung umsetzen werden“, hinterfragt Ingvild Jenssen, Policy-Verantwortliche und Gründerin der Platform. Die gesamte Problematik könne nur durch Maßnahmen auf europäischer Ebene angegangen werden. „Deshalb setzen wir uns für eine Schiffrecyclinglizenz ein, die für alle Schiffe gilt, die EU-Häfen anlaufen.“ Die jeweilige Flagge eines Schiffes würde dann keine Rolle mehr spielen.

Hoffnung dank EU-Liste

Immerhin: Die EU baut dieses Jahr ihre Liste zertifizierter Abwrackwerften über die europäischen Grenzen hinaus aus. Eine Pionierarbeit, die eine wichtige Referenz für sicheres und sauberes Schiffsrecycling darstellt, so die Platform. Unter anderem hat die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd bereits zugesagt, ihre Schiffe künftig gemäß der europäischen Liste zu verschrotten.

Positive Signale kommen auch von Banken und Finanzinstituten, die sich nach vergangenen Beaching-Skandalen verstärkt dem Thema Schiffsrecycling widmen. Sie entwickeln eigene Kriterien für die Finanzierung von Reedereien und orientieren sich dabei auch an der europäischen Schiffsrecycling-Verordnung, wie aus dem Jahresbericht zu vernehmen ist. ger

  • 2016 wurden von insgesamt 862 Schiffen 668 an Stränden verschrottet
  • Griechenland ließ 104 seiner 113 Schrottschiffe auflaufen, aus Deutschland kamen 97 von 99
  • China beachte 62 Schiffe, weitere 43 wurden auf Werften abgewrackt
  • Insgesamt wurden in Indien 305 Schiffe verschrottet, in Bangladesh waren es 222
  • Gemessen an der Tonnage belegt Bangladesh mit rund 9,5 Millionen BRZ den ersten Rang, gefolgt von Indien (8,2 Mio. BRZ) und Pakistan (6 Mio. BRZ)
  • In der EU wurden 22 Schiffe mit einer Gesamt-BRZ von 38.839 verschrottet
  • Die Zahl der in der EU abgewrackten Einheiten sinkt bereits seit mehreren Jahren kontinuierlich
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