Norwegen setzt auf emissionsfreie Schiffe

Es ist ein erster, wichtiger Schritt, um die kommerzielle Schifffahrt endlich umweltgerechter zu gestalten: Fast in Sichtweite der norwegischen Nordsee-Ölplattformen schweißen Schiffbauer die ersten größeren Fährschiffe, die komplett mit Strom aus Akkumulatoren betrieben werden, zusammen.

Am Sognefjord entstanden über viele Jahre Versorger und Spezialschiffe vorwiegend für die norwegische Ölindustrie. Doch die Aufträge gingen dramatisch zurück, als die Rohölpreise in den vergangenen Jahren einbrachen. Jetzt hängt der Wohlstand Norwegens davon ab, wie umweltgerecht sich die Industrie aufstellen kann.

Dutzende von batteriebetriebenen Booten und Schiffen, die vorwiegend für den küstennahen oder Inlandseinsatz in Norwegen, Belgien und den Niederlanden konstruiert wurden, stehen kurz vor ihren ersten Reisen. Teilweise sollen sie sogar autonom verkehren können.

Nirgendwo ist dieser Trend stärker ausgeprägt als in Norwegen – einem Land, in dem fast der gesamte produzierte Strom aus Wasserkraft stammt, in dem die staatliche Ölgesellschaft in die Offshore-Windkraft investiert hat und in dem die Menschen pro Einwohner mehr Elektroautos fahren als in jedem anderen Land der Welt. Bis 2030 will die norwegische Regierung zwei Drittel aller Boote und Schiffe, die sowohl Passagiere befördern als auch Autos transportieren, elektrifizieren.

So sind allein bei der Havyard-Werftengruppe seit 2016 nach eigenen Angaben 13 Aufträge für emissionsfreie Fähren eingegangen. Dieser Trend ist jedoch bislang nur der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Um die durch die Schifffahrt verursachte Umweltverschmutzung drastisch zu reduzieren, müssten die rund 50.000 Handelsschiffe, die derzeit auf den Ozeanen unterwegs sind, komplett auf erneuerbare Energien umsteigen. Zum Vergleich: Die derzeit größten Dieselmotoren an Bord sind so groß wie ein vierstöckiges Haus, ihre Emissionen vergleichbar mit dem Schadstoffausstoß von 64.000 Pkw.

Wenn es in der klassischen Antriebsform nicht bald zu gravierenden Änderungen kommt, könnte der Seeverkehr bis zum Jahr 2050 für 17 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich sein, warnt das International Council on Clean Transportation (ICCT). Nach Angaben der gemeinnützigen Organisation seien es jetzt noch zwei bis drei Prozent. Allerdings sei die Schifffahrt aus dem Pariser Abkommen gestrichen worden, entsprechend langsam habe sich die Batterietechnologie für längere Strecken über See entwickelt, so die Internationale Seeschifffahrts-Organisation IMO.

Elektroschiffe werden auch in den kommenden Jahren am sinnvollsten zunächst vor bewohnten Ufergebieten, wo sie leicht wieder aufgeladen werden und die Luftqualität und Lärmbelästigung reduzieren können, zum Einsatz kommen.

Von den 185 batteriebetriebenen Schiffen, die 2018 weltweit im Einsatz sind oder noch ausgeliefert werden sollen, verkehren die meisten in Norwegen und Frankreich. Bis 2021 werden etwa 60 batteriebetriebene oder Hybridschiffe allein in Norwegen in Betrieb sein, prognostiziert Edvard Sandvik, der die Fährabteilung der Straßenverwaltung in dem skandinavischen Land mit der großen Küstenlänge leitet. Die erste Null-Emissions-Fähre, die „Ampere“, nahm bereits 2015 zwischen den Dörfern Oppedal und Lavik entlang des Sognefjords den Betrieb auf. Das Schiff wird von der Reederei Norled AS betrieben, ist aus leichtem Aluminium gebaut und mit schweren Lithium-Ionen-Akkus mit einem Gesamtgewicht von 10 Tonnen ausgerüstet. Die „Ampere“ befördert bis zu 350 Passagiere und 120 Autos. Nach jeder 20-minütigen Überfahrt werden die Akkus in zehn Minuten wieder aufgeladen. Die Fahrt ist vibrationsarm und leiser als auf Dieselfähren.

Die Pannen und Ausfälle zu Beginn des elektrischen Betriebs, die auch die beiden anderen konventionellen Fähren auf der Route behinderten und für Frust bei den Pendlern sorgten, sind mittlerweile überwunden. bo/fab

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