Neue „Texelstroom“ verpasst die Saison
Der Fährschiffneubau „Texelstroom“ für die niederländische Wattenmeer-Reederei Koninklijke TESO NV (Texels Eigen Stoomboot Onderneming) steht für die aktuelle Saison im Verkehr mit der westfriesischen Insel Texel nicht zur Verfügung.
Die neue umwelttechnische Standards setzende Fahrzeug- und Passagierfähre wird jetzt seitens der Reederei erst für den September erwartet, bestätigte das 1907 gegründete Unternehmen.
Firmenchef Cees de Waal begründet die Entscheidung vor allem mit der Notwendigkeit, dass das mit Erdgas (CNG) angetriebene Schiff (Dual Fuel) gerade im hochfrequenten Saisongeschäft absolut zuverlässig arbeiten muss. Da aber mit verschiedenen Komponenten technisches Neuland betreten wurde, müsse immer wieder mit kleinen technischen Störungen gerechnet werden. Die Reederei stützt sich in der nunmehr laufenden Saison bis Ende August auf die 1990 gebaute Fähre „Schulpengat“ (IMO 8802313) als Verstärkungsfähre zwischen Den Helder und dem Fährhafen ’t Horntje auf der Nordseeinsel Texel. Diese RoPax-Fähre ist 110,4 Meter lang, 18,7 Meter breit, kann bis zu 8311 Tonnen tragen und ist mit 1215 BRZ vermessen. Zum Vergleich: Die auf der Werft LaNaval (Construcciones Navales del Norte) im spanischen Bilbao gebaute „Texelstroom“ (IMO 9741918) kommt auf eine Gesamtlänge von 135 Metern und eine Breite von 28 Metern. Der mit zwei Ladedecks als Doppelendfähre konstruierte Neubau kann bis zu 350 Pkw oder 24 Lkw sowie 1750 Passagiere aufneh men.
Der knapp 56 Millionen Euro teure Neubau war von der Traditionsreederei eigentlich zum Frühjahr erwartet worden, um so Schiff und Crew in Ruhe einfahren zu können. Doch die Bauwerft konnte den Ablieferungstermin nicht einhalten.
Das Antriebskonzept der „Texelstroom“ beruht auf einem Dual-Fuel-System: MDO oder CNG. Dank des Erdgas-Betriebs kann der CO2-Ausstoß um bis zu 20 Prozent gesenkt werden. Bei Erdgasbetrieb fallen zudem keine Rußpartikel an. Die Einsatzgeschwindigkeit in dem sehr umweltsensiblen Wattenmeerbereich liegt bei bis zu 15,4 Knoten.
Die hohen Umweltstandards der Fähre zeigen sich auch im Einsatz von Sonnenkollektoren im Aufbaubereich. Es geht immerhin um eine Grundfläche von zusammen rund 700 Quadratmetern. Das nach Reedereidarstellung fortschrittliche Energiemanagementsystem der „Texelstroom“ verwendet dafür insgesamt 252 48-V-Lithium-Ionen-Module der Baureihe AT6500 von Corvus Energy. Dabei wird die Speicherkapazität von 1,6 MWh zur Erhöhung der Effizienz der Fähre und zur Ersatzversorgung eingesetzt. Diese hohe Batteriereserve bedeutet, dass die gesamte Fähre im Notfall allein mit Batteriestrom betrieben werden kann. Dieses Energiespeichersystem (ESS) ermöglicht es den Konstrukteuren dar über hinaus, kleinere Generatoren vorzusehen, da die Batterien ebenfalls zur Bereitstellung kurzer Einschalt- und Ausschaltfähigkeiten eingesetzt werden können. Das durch Lloyd’s Register zugelassene System von Corvus Energy ist das erste typgeprüfte ESS für Schiffe, das heute auf dem Markt ist, so das Unternehmen.
Die Reederei TESO gehört zu einer Gruppe von Fährunternehmen, die im niederländischen Küstenvorfeld sowie Fluss-System tätig sind. Die TESO gibt es seit 1907. Ihr Kerngeschäft ist seitdem der Fährbetrieb zwischen dem Hafen Den Helder, der zugleich bedeutender Fischereistandort sowie auch Hauptstützpunkt der Königlich Niederländischen Marine ist, und Texel. Zur Flotte gehören heute 14 eigene Schiffe, mit denen jährlich rund 3,5 Millionen Reisende zwischen dem Festland und der Insel befördert werden. Der Schiffsname „Texelstroom“ wurde bis heute zweimal vergeben. Die erste Einheit wurde 1966 auf der Werft N.V. Machinefabriek & Scheepswerf P. Smit Jr. gebaut. Sie wurde 2002 in der Türkei verschrottet. EHA/CE