Kompetenzzentrum für grüne Schifffahrt

Die globale Schifffahrt steht vor enormen Herausforderungen hinsichtlich der weiteren Steigerung von Energieeffizienz und des Umwelt- und Klimaschutzes. Effizienz- und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen sind zentrale Aspekte, die Green-Shipping-Aktivitäten für maritime Unternehmen zunehmend interessant machen.
Von Katja Baumann, Geschäftsführerin der MARIKO GmbH, Leiterin der Projekte MariTIM und der LNG-Initiative Nordwest
Aus diesem Grund hat sich Green Shipping zu einem zentralen Arbeitsschwerpunkt des in Leer ansässigen Maritimen Kompetenzzentrums MARIKO entwickelt. Mithilfe strategischer Konzepte und innerhalb verschiedener Entwicklungsprojekte werden innovative Projektansätze für die maritime Wirtschaft entlang der Ems-Achse, in Deutschland und den Niederlanden erarbeitet.
Die LNG-Initiative Nordwest (LNG = Liquefied Natural Gas) ist ein Innovationsnetzwerk, das die MARIKO GmbH in den vergangenen Jahren aufgebaut hat. Mit einem stetig wachsenden Netzwerk von rund 70 Partnern wird in der LNG-Initiative Nordwest umfangreiches Know-how zur gasangetrieben Schifffahrt gebündelt und weiterentwickelt. Eine Vielzahl von Aktivitäten wurden bereits umgesetzt: In Kooperation mit der ZKR (Zentralkommission für die Rheinschifffahrt) wurde eine Datenbank entwickelt, in der sowohl Projekte als auch in Planung befindliche gasangetriebene Schiffe, geplante LNG-Infrastrukturen und andere wissenswerte Informationen zu „LNG-Aktivitäten“ übersichtlich dargestellt sind. Darüber hinaus wurde eine Reihe von Veranstaltungen durchgeführt, um zum Know-how-Transfer in diesem Kontext beizutragen. Neben dem „Fachsymposium LNG“ fanden Workshops beispielsweise zu den Themen „Methanschlupf“, „LNG-Recht“ und „SECA-Compliance“ statt.
Begleitend zu diesen Aktivitäten wurden mehrere Studien in Auftrag gegeben. Dazu zählt zum einen die Studie „Future Fuels“, in deren Rahmen eine vergleichende Darstellung unterschiedlicher Methoden zur antriebsseitigen Emissionsreduktion erfolgt. Diese liefert Reedereien eine Entscheidungshilfe bei der Anpassung ihrer Flotten, um künftigen Umweltanforderungen gerecht zu werden. Bereits fertiggestellt wurde zudem eine Analyse zu den Perspektiven und Einsatzmöglichkeiten von Bio- beziehungsweise Low-Emission-LNG und zu den Anpassungsbedarfen der Wattenfahrtrichtlinien auf den IGF-Code.
Auch die Themenschwerpunkte des laufenden INTERREG-Projekts „MariTIM“ beschäftigten sich mit einer grüneren Schifffahrt. Insgesamt 35 Partner aus dem deutsch-niederländisch Grenzraum arbeiteten in drei Teilprojekten an der Schifffahrt von morgen.
Im Teilprojekt „ECO2 Inland Vessel“ geht es um die Erforschung und den Systemvergleich unterschiedlicher Antriebskonzepte, um den effizientesten und wirtschaftlichsten Antrieb für verschiedene Typen von Binnenschiffen zu identifizieren. Zwischenzeitlich wurden vier Schiffe realisiert, die als Vorbild und Wegbereiter für die gesamte Binnenschifffahrtsbranche dienen. Dazu zählen das weltweit erste auf LNG umgerüstete Binnenschiff (Reederei Danser, Koppelverband „Eiger-Nordwand“) und der erste in den Niederlanden gebaute Gas-Tanker der Reederei Chemgas („Sirocco“). Zudem wurde der Umbau eines hybriden Trockenladungsschiffs des Scheepvaartbedrijf Vranken BV unterstützt und der Einbau eines Moduls der Kraftstoff-Wasser-Emulsionstechnologie auf dem Doppelhüllentanker „Rudolf Deymann“ der Reederei Deymann aus Haren begleitet.
Das Projekt LNG Passenger Vessel befasste sich mit dem Einsatz von LNG in der Fahrgastschifffahrt. Mithilfe eines Untersuchungskonzepts und einer Machbarkeitsstudie wurden die Rahmenbedingungen für die Umrüstung der 1985 gebauten Fähre „Ostfriesland“ der AG EMS geprüft. Basierend auf den Erkenntnissen erfolgte der Umbau der „Ostfriesland“. Die Fähre wurde um 15 Meter verlängert und mit einer elektrischen Plattform versehen, die durch ein Set Dual-Fuel-Generatoren (jeweils 1056 kW der Marke Wärtsilä) und ein Set LNG-Generatoren (jeweils 394 Kilowatt der Marke Mitsubishi) gespeist wird.
Im dritten Teilprojekt Wind Hybrid Coaster wurde eine neue Generation von Motor-Rotor-Seglern entwickelt. 14 Partner aus dem deutsch-niederländischen Grenzraum arbeiteten gemeinsam an der Konzeption und dem Bau dieses Windsegelsystems mit einem aerodynamisch arbeitenden Rotor in leichter Bauweise für kleine Schiffseinheiten. Mit hohen Umdrehungsgeschwindigkeiten kann der ECO-FLETTNER-Rotor ein breites Spektrum an Windgeschwindigkeiten energetisch ausnutzen.
In Zukunft möchte sich die MARIKO GmbH weiter als Kompetenzzentrum für Green Shipping etablieren und die maritimen Unternehmen in der Region bei ihren innovativen Entwicklungen unterstützen. In diesem Zusammenhang ist auch ein neues Projekt unter dem Namen „MariGreen“ in Planung, in dem rund 30 Unternehmen aus der Region ab Frühsommer kooperieren werden, um Produkte, Verfahren und Logistikprozesse insbesondere zur Verbesserung der Umweltbilanz, aber auch der Wirtschaftlichkeit der maritimen Branche hervorzubringen. Einige Teilprojekte sind auf die Themenstellung „gasangetriebene Schifffahrt“ – LNG & CNG (CNG = Compressed Natural Gas) – ausgerichtet. Mittlerweile sind einige wenige Schiffe mit einem LNG-Antrieb ausgestattet. Die breitere Markteinführung scheitert jedoch insbesondere an den Kosten, die unter anderem auf mangelnde kosteneffiziente Verfügbarkeit des Brennstoffs zurückzuführen sind. Zudem sind Komponenten wie Tank und Cold-Box-System bisher unverhältnismäßig teuer, da sie nicht standardisiert sind. Dies hält insbesondere klein- und mittelständische Unternehmen beziehungsweise Eigentümer kleinerer Schiffstypen davon ab, die LNG/CNG-Technologie einzuführen.