Investition in mehr Wettbewerbsfähigkeit
Die weltweite Handelsflotte ist im Umbruch. Wesentlicher Treiber der Veränderungen sind die verschärften Umweltauflagen.
Zu den Maßnahmen der Schiffshäuser zählt das Umrüsten bestehender Frachter. Was dabei zu beachten ist, erläutert Ingmar Loges, Leiter der Schiffssparte der HSH Nordbank, im Gespräch mit dem THB.
THB: Wie stellen sich Reedereien auf die neuen Emissions-Regularien ein?
Ingmar Loges: Steigende regulatorische Anforderungen und Themen wie Effizienz und Nachhaltigkeit sind für die Schifffahrtsunternehmen nicht neu. Wie die bereits 2013 von der HSH Nordbank durchgeführte Kundenumfrage „Marktexpertise ECO Shipping“ gezeigt hat, investierten schon zu diesem Zeitpunkt rund drei Viertel der befragten Reedereien in effizienzsteigernde und umweltschonende Technologien. Dieser Trend hat sich auch im vergangenen Jahr fortgesetzt, allerdings haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verändert. Die Nachrüstung eines Abgasfilters, eines Scrubbers, ist beim aktuellen Ölpreis wirtschaftlich gesehen weniger vorteilhaft als der Wechsel auf schwefelarmen Treibstoff. Vor allem bei Neubauten setzen die Unternehmen derzeit daher stärker auf Lösungen zum Einsatz von schwefelarmen Kraftstoffen als auf Scrubber-Nachrüstungen.
THB: Neubau von Eco-Schiffen, Retrofitting bestehender Schiffe und Tanken von emissionsärmerem Treibstoff – wie stark werden diese Möglichkeiten jeweils nachgefragt und umgesetzt?
Loges: Welche Maßnahmen wirtschaftlich sinnvoll sind, hängt in erster Linie von der Entwicklung der Treibstoffpreise oder genauer dem Preisunterschied zwischen schwefelarmen und schwefelreichen Treibstoffen ab. Je größer dieser Unterschied ist, desto lohnender ist die Nachrüstung eines Scrubbers. Aufgrund des derzeitigen, insgesamt niedrigen Preisniveaus für Schiffstreibstoffe sehen wir vergleichsweise wenige Anfragen zur Finanzierung von Scrubbern. Bei Eco-Neubauten setzen die Reedereien nach unserer Erfahrung derzeit vor allem auf Lösungen, die den Einsatz von zwei Kraftstoffen ermöglichen: schwefelarme zur Verwendung innerhalb der ECAs, schwefelreiche zur Verwendung außerhalb der ECAs.
THB: In welchen Schiffsklassen bestehen das größte Potenzial und die größte Notwendigkeit, verstärkt auf Eco-Design umzusteigen?
Loges: Aufgrund des Geschwindigkeitsprofils liegt das größte Einsparungspotenzial bei Containerschiffen. Dementsprechend honoriert der Chartermarkt hier Retrofitting-Maßnahmen auch noch bei einem stark gesunkenen Bunkerpreis.
THB: Wie steht es um die Finanzierung? Wann rechnen sich solche Projekte, so dass sich auf der einen Seite Investoren finden und auf der anderen Seite auch die Banken an Bord sind?
Loges: Ob sich ein Projekt rechnet, hängt in erster Linie von der Amortisationsdauer der Nachrüstungen ab. Je kürzer diese ist, desto höher ist die Bereitschaft sowohl der Reedereien als auch der Banken, Nachrüstungen umzusetzen. Angesichts des niedrigeren Treibstoffpreises dauert es heute deutlich länger, bis sich effizienzsteigernde Maßnahmen lohnen. Als Bank erwarten wir von den Schiffseigentümern, dass sie sich mit entsprechendem Eigenkapital an den Projekten beteiligen. Hilfreich ist zudem eine Langfristcharter, während derer das Investitionsdarlehen weitestgehend zurückgezahlt wird. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass der Zugang zur Finanzierung von Retrofitting-Maßnahmen für etablierte Reedereien unproblematisch ist.
THB: Wie beurteilen Sie die Kostenseite speziell beim Retrofitting?
Loges: Retrofitting ist in erster Linie eine Investition in die Wettbewerbsfähigkeit eines Schiffes. Sofern die Nachrüstung keine zusätzlichen Wartungskosten verursacht, beispielsweise bei einem Austausch des Propellers, fallen lediglich Investitionskosten an, und die Betriebskosten werden nicht steigen. Der Reeder wird dann sogar von einem niedrigeren Verbrauch profitieren. Etwas anders stellt sich die Situation bei Nachrüstungen dar, die zur Erfüllung geltender Umweltauflagen getätigt werden müssen. So verursacht beispielsweise eine Scrubber-Nachrüstung zusätzliche Wartungskosten, wodurch dann auch die Betriebskosten steigen.
THB: Welches sind beim Retrofitting die Maßnahmen, die vorwiegend umgesetzt werden?
Loges: Gefragte, weil vergleichsweise kostengünstige Retrofitting-Maßnahmen sind der Austausch von Ruder und Propeller sowie die Optimierung des Bugs. Nachträgliche Maschineneingriffe zur Verwendung anderer Treibstoffe sind sehr teuer und nicht für alle Hauptmaschinen geeignet.
THB: Inwiefern entwickelt sich ein zweigeteilter Markt mit unterschiedlichen Charterraten für Standard- und Eco-Designs?
Loges: Wir sehen bereits heute, dass die Charterraten für Eco-Schiffe über denen für Standardschiffe liegen. Dies liegt mit Blick auf die steigenden regulatorischen Anforderungen vor allem am höheren Ertragspotenzial von energieeffizienten Schiffen. Sowohl aus Sicht der Eigentümer als auch der Banken haben Eco-Schiffe damit auch ein besseres Risikoprofil und eine bessere Marktfähigkeit als Standardschiffe.
THB: Wie bewerten Sie speziell die Scrubber-Technik? Wie intensiv begleiten Sie dieses Thema in der Finanzierung?
Loges: Die Bewertung ist stark abhängig vom betrachteten Marktsegment. Mit Blick auf den Gesamtmarkt spielt die Scrubber-Technik nach unserer Einschätzung derzeit noch eine untergeordnete Rolle. In Märkten wie beispielsweise dem Ostsee-Verkehr mit gerade auskömmlichen Charterraten kommt der Scrubber-Nachrüstung demgegenüber eine vergleichsweise hohe Bedeutung zu. Als Bank schauen wir uns die Entwicklungen in den einzelnen Märkten sehr genau an. Sofern die Nachrüstung wirtschaftlich sinnvoll ist und der Eigentümer sich mit entsprechendem Eigenkapital an der Finanzierung beteiligt, sind wir offen für Finanzierungen. fab