Erstmals Flettner-Rotor für Passagierfähre

Die „Viking Grace“ kann schon jetzt eine hervorragende Umweltverträglichkeit vorweisen. Mit dem Flettner-Rotor wird zusätzlich Treibstoff gespart (Bild: Viking Line)
Die Technik ist fast 100 Jahre alt, aber in Zeiten zunehmenden Umweltbewusstseins feiert der Flettner-Rotor eine erstaunliche Renaissance.
Die ohnehin schon auf modernste Umwelttechniken ausgerichtete Kreuzfahrtfähre „Viking Grace“, die mit Flüssiggas (LNG) in der Ostsee eingesetzt wird, erhält zusätzlich einen Rotor-Segel-Antrieb und setzt damit erneut Standards in puncto Umweltfreundlichkeit. Das teilte die Reederei Viking Line nach Unterzeichnung eines Liefervertrags mit Norsepower Oy Ltd. mit. Das finnische Unternehmen gilt als führender Hersteller von digital gesteuerten Windantrieben.
Die 2800 Passagiere fassende „Viking Grace“ verkehrt derzeit im Schären-Archipel zwischen Turku (Finnland) und Stockholm (Schweden). Bei ihrem Stapellauf galt sie als umweltfreundlichstes Passagierschiff der Welt. Mit der Erweiterung um den Norsepower-Windantrieb wird das Schiff Unternehmensangaben zufolge seinen Kraftstoffverbrauch sowie die ohnehin geringen Emissionen noch weiter verringern: Der Kohlendioxid-Ausstoß sinkt um etwa 900 Tonnen pro Jahr, das entspricht einer jährlichen Einsparung von 300 Tonnen Flüssiggas.
Derzeit laufen die Vorbereitungen für die Nachrüstung, die im zweiten Quartal 2018 abgeschlossen sein soll. Die Viking Grace wird ein mittelgroßes Rotor-Segel mit 24 Metern Höhe und einem Durchmesser von vier Metern erhalten und damit zum weltweit ersten Hybridschiff mit einer Kombination aus LNG- und Windrotor-Antrieb umgerüstet.
Modifizierte Version
Das Prinzip des Flettner-Rotors, das Windenergie in Antriebsenergie umwandelt, wird in jüngster Zeit – modifiziert und an digitale Steuerungen angepasst – zunehmend in der Schifffahrt eingesetzt. Den Praxistest bestand das bereits 1924 erstmals eingesetzte System des Frankfurter Ingenieurs Anton Flettner auf der deutschen „E-Ship1“ und der RoRo-Fähre „Estraden“. Fehn Shipmanagement hatte 2015 entschieden, schrittweise etwa 20 Schiffe zusätzlich mit dieser umweltschonenden Antriebsart auszustatten (THB 8. Oktober 2015).
Das nun eingesetzte Norsepower-Rotor-Segel kann sowohl auf neuen Schiffen installiert als auch nachträglich eingebaut werden, ohne den laufenden Betrieb zu unterbrechen. Die Technik beruht auf dem älteren Flettner-Rotor, bei dem ein rotierender Zylinder die Wind energie aufnimmt und direkt in Schubkraft für das Schiff umwandelt. Es wird also nicht etwa Strom für die Schiffsmotoren erzeugt, sondern unter Ausnutzung des Magnus-Effekts der Schiffskörper vom Winddruck angeschoben. Die moderne, umweltfreundliche Antriebstechnik funktioniert vollautomatisch: Sobald die Sensoren einen genügend kräftigen Wind registrieren, springt der Rotor von selbst an, um Energie zu sparen – ohne dass die Mannschaft eingreifen muss. pk