Viel Bewegung in den Verkaufsmärkten

Die Verkaufslisten in der weltweiten Handelsschifffahrt waren im ersten Halbjahr 2015 so prall gefüllt wie selten.

Viele Reeder trennten sich von Bulkern, schickten sie teilweise im Alter von deutlich unter 20 Jahren zum Abbruch. In Deutschland wechselten die vorherrschenden Containerschiffe reihenweise den Besitzer oder traten ihre letzte Fahrt an. Nach Informationen des Branchendienstes Shippress.de gaben die deutschen Reeder im bisherigen Jahresverlauf 96 Frachter ab, darunter 72 Containerschiffe.

Damit setzt sich die hohe Schlagzahl bei Veräußerungen innerhalb der deutschen Handelsflotte fort. Seit 2012 bewegen sich die Abgänge pro Jahr in deutlich dreistelliger Höhe. Im Gesamtjahr 2014 hatten die internationalen Schiffsbroker nach Erhebungen des Onlineportals 176 Verkäufe von Frachtern gemeldet, die für deutsche Gesellschaften unterwegs waren. Der THB hatte Anfang 2015 eine ausführliche Übersicht gebracht (<link http: www.thb.info rubriken schifffahrt-service single-view news ausverkauf-der-container-flotte.html external-link-new-window external link in new>THB 12./13. Januar 2015).

Bei Deutschlands Nummer 1 im Seetransport endete am vergangenen Wochenende gar eine Ära. Das letzte in Deutschland gebaute Containerschiff von Hapag-Lloyd (<link http: www.thb.info rubriken schifffahrt-service single-view news bei-hapag-lloyd-endet-eine-werften-aera.html external-link-new-window external link in new>THB 5. März 2015) wurde in der Türkei bei einem Abwracker abgeliefert. Es handelt sich um die in Kiel bei der Werft HDW gebaute „Heidelberg Express“. Sie liegt in Aliaga nahe Izmir auf dem Strand. Dort wird sie jetzt nach den Vorgaben der EU recycelt. In dem türkischen Abwrackzentrum ist die „Heidelberg Express“ bereits der dritte Frachter aus der Hapag-Lloyd-Flotte in diesem Jahr. Zuvor waren im März und Mai bereits die „Bonn Express“ und die „Livorno Express“ in Aliaga verschrottet worden.

Die „Heidelberg Express“ hatte bis zuletzt ohne Havarien und längere Liegezeiten ihren Dienst für Hapag-Lloyd absolviert. Selbst die schwere Schifffahrtskrise 2008 hatte der 2803-TEU-Frachter überstanden. Doch jetzt ist nach Mitteilung der Reederei der Zeitpunkt für den Abschied gekommen, da das Schiff am Rande seiner Wirtschaftlichkeit angelangt ist. Ende Mai war der Frachter deshalb zu einer letzten Europa-Kanada-Rundreise ausgelaufen. Von Montreal aus ging es dann über den Atlantik ins Mittelmeer und weiter in die Ägäis nach Aliaga.

Die „Heidelberg Express“ wurde 1987 zusammen mit der Schwester „Bonn Express“ bei den Kieler Ho waldtswerken-Deutsche Werft AG bestellt. Ein drittes Schiff dieser Klasse, die „Berlin Express“, entstand in Kooperation mit HDW bei der Hudong-Werft in Shanghai.

Diese drei Schiffe markierten damals den Einstieg in die automatisierten Schiffsführungssysteme. Bei HDW wurden in diesen Typ viele Komponenten der zuvor für die Schweizer Norasia-Line gebauten Serie „Schiff der Zukunft“ eingebracht. Dieser Schiffstyp war zuvor mit Fördergeldern als Forschungsprojekt für die Modernisierung der Handelsschifffahrt entwickelt worden. Die Frachter hatten komfortable Unterkünfte für die Besatzungen, die in Einzelkammern untergebracht wurden. Beispielhaft war auch die moderne Kommandobrücke für den Ein-Mann-Betrieb. Die Besatzung konnte auf 15 Mann reduziert werden – was später aber nie genutzt wurde.

Mit diesem Schiffstyp erhielt bei Hapag-Lloyd auch das Freifallrettungsboot Einzug in die Flotte. Diese modernen Rettungsboote sind heute bei vielen Schiffen Standard. Die Schiffe fuhren letztlich aber meist mit Besatzungsstärken von mehr als 20 Seeleuten, da so Wartung und Reparaturen an Bord besser ausgeführt werden konnten und sich die Kosten für Werftzeiten verringerten.

Während die „Berlin Express“ aus China mit Verspätung in Fahrt kam, wurden die beiden Kieler Schiffe pünktlich an Hapag-Lloyd ausgeliefert. Die „Bonn Express“ und die „Heidelberg Express“ fuhren in verschiedenen Liniendiensten nach Asien und Nordamerika. Die „Berlin Express“ wurde bereits 1996 von Hapag-Lloyd an Hamburg Süd verkauft und endete nach diversen Eignerwechseln am 8. Januar 2015 im indischen Alang bei einem Abbrecher. Hapag-Lloyd hat für die eigene Tonnage die Verschrottung in Ländern mit zweifelhaften Umwelt- und Arbeitsschutzbedingungen abgelehnt. Deshalb wurden die beiden bis zuletzt unter Hapag-Flagge fahrenden Schiffe „Bonn Express“ und „Heidelberg Express“ an zertifizierte Abbrecher in der Türkei verkauft. Die Betriebe im türkischen Aliaga sind nach den Normen der EU sowie der OECD als Abbrecher zugelassen. Dort hat deshalb auch die Bundeswehr Schiffe aus dem Bestand der Marine verschrotten lassen. FB/fab

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