Bocs übernimmt „Jennifer H“

Bremen Overseas Chartering and Shipping (Bocs) hat den Mehrzweckfrachter „Jennifer H“ übernommen.

Das 12.633-tdw-Schiff entstand 2008 auf der chinesischen Werft Xingang Shipbuilding Industry in Tianjin. Seit mehreren Monaten liegt der Frachter im Bremerhavener Fischereihafen auf. Mittlerweile trägt das Schiff die portugiesische Flagge am Heck und den neuen Namen „Bocs Vision“. Die knapp 140 Meter lange Einheit ist mit drei Schwerlastkranen ausgestattet und verfügt über eine kombinierte Hebekapazität von 160 Tonnen.

Bei der „Bocs Vision“ handelt es sich um das erste Schiff, das komplett in Eigenbesitz genommen wurde. In der kommenden Woche soll die „Bocs Vision“ als nunmehr fünftes Schiff den Westafrika-Dienst aufnehmen. Neben dem von der Bremer Reederei Eugen Friederich eingecharterten Schwesterschiff „Waf Passion“ setzen die Hanseaten drei große Tweendecker aus der African-Serie ein.

Die „Jennifer H“ hatte im vergangenen Frühjahr mit einem Maschinenschaden in Bremerhaven festgemacht. Auf dem Weg vom spanischen Hafen Gijon nach Nordenham waren im Ärmelkanal vor der französischen Küste Motorenprobleme aufgetreten. In der weiteren Folge musste das Schiff nach Norddeutschland geschleppt werden. Die anschließende Reparatur wurde bei der Bredo Werft durchgeführt. Dort erfolgten auch Klassearbeiten, und die Laderäume wurden für Transporte von Agrarerzeugnissen neu beschichtet. Zudem erhielt der zuvor blaue Frachter einen roten Farbanstrich.

Die „Jennifer H“ und der frühere Eigentümer haben eine bewegte Vergangenheit. Das Verfahren um den ehemaligen Reeder Hansjürg Grunder sorgt noch heute für Schlagzeilen, steckt doch in diesem und zehn weiteren Schiffen viel Steuergeld.

Bis vor zwei Jahren hieß der Frachter noch „SCL Andisa“, verkehrte für Swiss Cargo Line (SCL) und war somit Teil der Schweizer Hochseeflotte. Die SCL war eine Holding des Reeders Hansjürg Grunder, der sich im Besitz von zwölf vom Schweizer Staat verbürgten Schiffen befand. Durch die Zahlungsunfähigkeit von Grunder im Jahr 2017 wurden die Schiffe zum Teil mit hohem Verlust veräußert. Zehn der Schiffe, darunter die „Jennifer H“, sicherte sich Groupe Mach aus Montreal. Hinter dem kanadischen Investor steht Grunders ehemaliger Geschäftspartner Talal Hallak. So entfallen auf dieses Schiff zum Zeitpunkt des Verkaufs noch Bankdarlehen in Höhe von 20 Millionen Schweizer Franken. Hallak machte mit dem Erwerb dieses und der anderen Schiffe offensichtlich ein Schnäppchen. Den Schweizer Bund kostete der Deal insgesamt bis zu 215 Millionen Franken.

Durch den Maschinenausfall im Frühjahr 2018 konnte die „Jennifer H“ mehrere Monate nicht mehr eingesetzt werden. Auch das waren keine guten Nachrichten für den Schweizer Steuerzahler, denn die kanadischen Käufer hatten die Schiffe mit einer Garantie bekommen. Die Gewährleistungsfrist lief zum Zeitpunkt des Maschinenschadens noch. Beobachter gehen somit von weiteren Forderungen des ehemaligen kanadischen Eigners aufgrund der Einnahmeausfälle aus. Hinzu kommen Liegeplatzgebühren und Kosten für die Crew.

In der Schweiz ist die Liquidation der Grunder-Flotte noch immer nicht abgeschlossen. Reeder Hansjürg Grunder musste Mitte des vergangenen Jahres für knapp zwei Wochen in Untersuchungshaft, und es kam zu Hausdurchsuchungen, da Grunder als Schlüsselfigur in einer Affäre gilt, bei der es mutmaßlich auch um überhöhte Schiffskredite, dubiose Geldflüsse und Tarnfirmen in Offshore-Paradiesen wie Hongkong und Gibraltar geht. Aktuell fahren noch rund 30 Handelsschiffe unter Schweizer Flagge. CE/fab

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