Technischer Fehler Ursache für Havarie

An Bord der bei der Meyer Werft gebauten „Frisia V“ waren am Unglückstag 187 Passagiere, Foto: B. Dahlmann
Ein nur halb gedrückter Knopf der Steueranlage hat im Sommer 2015 zu einem schweren Unfall der Norderney-Fähre im Hafen von Norddeich geführt.
Die Hamburger Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) geht in ihrem jetzt veröffentlichten Bericht von einem technischen Fehler aus. Bei der Kollision der „Frisia V“ mit der Kaianlage am 16. Juni 2015 waren acht Passagiere verletzt worden. Daneben waren Schäden an dem Schiff, an einem Auto und an der Kaianlage entstanden.
Nach dem Untersuchungsbericht wollte der Kapitän beim Einlaufen in den Hafen von der Selbststeueranlage auf Handbetrieb umschalten. Da ein Druckknopf nicht ausreichend tief eingedrückt wurde, kam es zu einer bis dahin nicht gekannten Fehlfunktion der Anlage.
Der Kapitän konnte die Passagiere noch mit einer Durchsage warnen und den Aufprall durch ein „Voll-Zurück“-Manöver abmildern. Die 1965 bei der Pa ppenburger Meyer Werft gebaute Fähre krachte dennoch mit einer Geschwindigkeit von fünf Knoten (etwa neun Stundenkilometer) an die Kaimauer. Dabei erlitten mehrere Passagiere Prellungen und Schleudertraumata.
Zum Unfallhergang heißt es in dem Bericht: Die Besatzung hatte ihren Dienst am Unglückstag in den frühen Morgenstunden begonnen. Die erste Abfahrt war um 6.15 Uhr. Der Unfall ereignete sich, als das 63,75 Meter lange und 12 Meter Fahrgastschiff der AG Reederei Norden-Frisia das dritte Mal nach Norddeich fuhr. Dazu hatte die Fähre um 13.15 Uhr in Norderney abgelegt. Alle An- und Ablegemanöver waren zuvor ohne Auffälligkeiten absolviert worden.
An diesem Tag arbeiteten 12 Besatzungsmitglieder an Bord der Fähre. Davon waren sieben Seeleute mit dem unmittelbaren Schiffsbetrieb befasst. Die anderen waren im Servicebereich tätig.
Während dieser Fahrt wurden 187 Passagiere, ein Wohnwagen, 12 Pkw, drei Transporter und drei Lkw befördert.
Zum Unfallzeitpunkt befanden sich der Kapitän und der Erste Nautische Offizier auf der Brücke. Die Fähre wurde durch den Kapitän geführt. Die Steuerung der „Frisia V“ erfolgte dabei zunächst durch den Autopiloten. Dadurch wurde, bei konstanter Drehzahl, der Anstellwinkel beider Schottelantriebe durch die Selbststeueranlage geregelt, um dem vorgewählten Kurs zu folgen. Der Mittelmotor war zu diesem Zeitpunkt nicht eingekuppelt.
Die Geschwindigkeit vor dem Hafen betrug etwa 7,5 Knoten. Beim Einfahren in das Hafenbecken wechselte der Kapitän vom Steuerbordfahrstand zum Backbordfahrstand und schaltete auf den Backbordfahrstand um. Anschließend wollte er dann an diesem Pult die Steuerung auf „Hand“ umschalten. Dazu musste ein im Steuerpult befindlicher Druckknopf gedrückt werden. Das damit einhergehende Aufleuchten eines Lichts im Druckknopf signalisierte die Übernahme des Befehls. Die Absicht des Kapitäns war es, mit quergestellten Schottelantrieben das Schiff in einen Steuerborddreh zu bringen und damit gleichzeitig die Geschwindigkeit zu reduzieren, da durch das „Querstellen“ des Schiffes üblicherweise eine ausreichende Reduzierung der Geschwindigkeit erfolgt. Die Schottelantriebe folgten allerdings nicht dem Befehl. Dem Kapitän war die Gefahr der Kollision mit der vorausliegenden Kaianlage sofort bewusst. Zur Verminderung der Geschwindigkeit kuppelte er den Mittelmotor ein und legte diesen auf „Voll Zurück“. Zusätzlich legte er das Bugstrahlruder so, dass der Bug des Schiffes nach Steuerbord drehen sollte. Durch die Maßnahmen konnte die Aufprallgeschwindigkeit reduziert werden.
Auch das Zurückschalten auf den Steuerbordfahrstand brachte im weiteren Verlauf die Kontrolle über die Schottelantriebe nicht zurück. Das Schiff rammte schließlich einen an der Kaikante befindlichen Holzdalben und brach diesen ab. Dann traf der Bug unterhalb der Wallschiene auf den Kai. Die Fähre wurde dadurch beschädigt. Der Schaden an dem Kai selbst war gering.
Nach der Kollision versuchte die Schiffsführung, die Kontrolle über das Steuerungssystem zurückzugewinnen. Nach mehrmaligen Hin-und-her-Drücken der beiden Tasten funktionierte das System wieder. Ein Fehler war zunächst nicht auszumachen. Die „Frisa V“ wurde dann an den Anleger manövriert, wo man die Maßnahmen zur Ersten Hilfe für die Passagiere einleitete. Nach Auskunft des Kapitäns besitzt das Steuerungssystem keinen Fehlerspeicher.
Das Schiff ist Ende vergangenen Jahres an einen Abwracker verkauft worden (THB 23. November und 1. Dezember 2016). FBi