Vor dem Bunkern die Charterpartie checken

Nicht erst seit der Insolvenz der Firma OW Bunker befinden sich zahlreiche Lieferanten, Befrachter und Reeder in einem undurchsichtigen Geflecht von Rechtsbeziehungen und Haftungsrisiken.

Was ist also zu tun bei Bunkerbestellungen, insbesondere bei Insolvenz des Bunkerlieferanten? Welche Risiken bestehen für die Beteiligten? Das sind die zentralen Fragen, mit denen sich dieser Fachbeitrag beschäftigt.

Im Allgemeinen wird ein Bunkerliefervertrag zwischen einem Bunkerlieferanten und einem Besteller, in der Regel Owner oder Charterer, geschlossen. Abhängig von dem Vertrag und den zugrunde liegenden Geschäftsbedingungen können Eigentumsvorbehalte, vertragliche Pfandrechte und Schiffsgläubigerrechte bestehen, die in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten für alle Beteiligten führen können.

Schutzklauseln finden sich in Charterverträgen

Grundsätzlich muss der Besteller, also der Owner oder Charterer, die Bunkerforderung bezahlen. Wenn der Charterer den Bunker bestellt, ist in der Regel der Charterer und nicht der Owner zur Zahlung des Bunkers verpflichtet, auch wenn die Rechnungsstellung direkt gegenüber dem Owner erfolgen sollte. Sowohl im deutschen als auch im englischen Recht gilt der Grundsatz, dass niemand gegen seinen Willen in einen Vertrag gezwungen werden kann. Meist finden sich auch entsprechende Schutzklauseln in Zeitcharterverträgen, wonach allein der Charterer für die Bunkerbeschaffung und Bezahlung verantwortlich ist und den Owner freizuhalten hat, falls dieser aus der Lieferung doch in Anspruch genommen wird.

Der Zahlungsanspruch des Bunkerlieferanten kann durch ein vertraglich vereinbartes Pfandrecht gesichert sein. Dies gilt aber grundsätzlich nur gegenüber dem Vertragspartner und erlischt mit Tilgung der Bunkerforderung.

Ein Eigentumsvorbehalt des Bunkerlieferanten kann in der Regel nicht zu Ansprüchen gegen den Owner führen, wenn der Charterer die Bunkerforderung nicht zahlt. Nach deutschem Recht erlischt ein Eigentumsvorbehalt durch Vermischung des Bunkers. Sofern der Bunker nicht vermischt und nicht verbraucht wurde, könnte ein anteiliger Herausgabeanspruch auch gegenüber dem Owner aus dem Eigentumsvorbehalt bestehen.

Besondere Relevanz haben in der Praxis gesetzliche Schiffsgläubigerrechte („Maritime Liens“), die unabhängig von eigenen vertraglichen Ansprüchen Sicherheiten für bestimmte Forderungen gewähren.

Für welche Forderungen ein solches Schiffsgläubigerrecht gesetzlich entsteht, hängt zum einen davon ab, wo bebunkert wird und ob unter der entsprechenden Rechtsordnung dafür ein „maritime lien“ entsteht („Lien for Necessaries“), zum anderen davon, ob andere Länder ein im Ausland entstandenes Schiffsgläubigerrecht anerkennen.

Begünstigt durch das Schiffsgläubigerrecht wäre der „physical supplier“, also der Lieferant, der das Schiff im Auftrag des vertraglichen Bunkerlieferanten direkt beliefert.

Niederlande gelten als „arrestfreundliches“ Land

Der „physical supplier“ ist nicht selbst Vertragspartei des Charterers oder des Owners. Sein Vertragspartner ist der Bunkerlieferant, dem er seinen Bunker verkauft. Wenn dieser Bunkerlieferant dann insolvent wird und den „physical supplier“ nicht bezahlt, kann dieser in Ländern, deren Recht für Bunkerlieferungen ein „maritime lien“ gewähren, gegen das Schiff vollstrecken beziehungsweise es arretieren.

In Deutschland besteht kein Schiffsgläubigerrecht für Bunkerlieferforderungen, ebenso wenig im englischen Recht. Es können aber Schiffsgläubigerrechte für Bunkerlieferungen in anderen Rechtsordnungen bestehen, insbesondere ist das in den USA der Fall.

Wenn ein Schiffsgläubigerrecht am Ort der Bebunkerung ausgeübt werden kann, hat dies weitreichende Folgen, da es Schiffshypotheken und anderen Forderungen vorgeht und auch bestehen bleibt, wenn das Schiff verkauft oder die Flagge gewechselt wird.

Im Ausland wirksam entstandene Schiffsgläubigerrechte werden in Deutschland anerkannt, in England aber nicht. In anderen arrestfreundlichen Jurisdiktionen wie beispielsweise den Niederlanden, Belgien oder auch den Vereinigten Arabischen Emiraten besteht grundsätzlich eine Arrestgefahr durch einen „physical supplier“.

Die Position des Owners unter einer Zeitcharter bei Verletzung von Schutzklauseln wegen Forderungen aus einer Bunkerlieferung und womöglich der Belastung mit einem „maritime lien“ ist prekär, wenn der Charterer seinen Freihaltungspflichten nicht nachkommt beziehungsweise selbst in finanziellen Schwierigkeiten ist. Zwar kann der Owner auf Pfandrechte an der Ladung oder sub-freights und am Bunker zurückgreifen, sofern dieser im Eigentum des Charterers steht, aber die Realisierung solcher Rechte kann kommerziell oder rechtlich problematisch werden.

Bei einer Insolvenz des Bunkerlieferanten hat der Insolvenzverwalter nach deutschem Recht ein Wahlrecht, ob der Vertrag erfüllt werden soll, und zwar wenn die Bunkerlieferung noch nicht erfolgt ist. Wenn der Bunker bereits geliefert wurde, ist die Kaufpreisforderung entstanden und wird vom Insolvenzverwalter weiter geltend gemacht. Nach der Insolvenzeröffnung darf eine Zahlung nur noch an den Insolvenzverwalter bewirkt werden. Wenn an den insolventen Bunkerlieferanten in Unkenntnis der Insolvenz bereits gezahlt wurde, hat die Zahlung schuldbefreiende Wirkung, wenn der Leistende bei der Zahlung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht kannte.

Solvenz des Charterers vor Bunkerlieferung checken

Erhebliche Probleme können entstehen, wenn der Bunkerlieferant seine Bunkerforderungen bereits an eine Bank abgetreten und der Bunkerlieferant einen „physical supplier“ beauftragt hat. Wenn dann auch noch Owner und Charterer ins Spiel kommen und Schiffsgläubigerrechte in ausländischen Jurisdiktionen entstanden sind, ergibt sich ein komplexes juristisches Geflecht, das oftmals nur auf einer kommerziellen Ebene gelöst werden kann.

Durch die Insolvenz von OW Bunker wurde die Schifffahrtsbranche über die Problemfelder bei der Bunkerlieferung sensibilisiert, teilweise wurden schmerzhafte Erfahrungen gemacht, Bunkerforderungen mussten doppelt beglichen werden.

Man ist daher gut beraten, die eigene Praxis bei der Bunkerbestellung, die Bedingungen der Charterpartie und die Solvenz des Charterers prüfen zu lassen, damit Haftungsrisiken erkannt und im Vorfeld verhindert werden können.

Esther Mallach, Dr. Sarah Wolf, Dr. Marcus Webersberger, Steffen Maelicke LL.M. Shipping Law (Cape Town) sind Anwälte bei Dabelstein & Passehl Rechtsanwälte PartGmbB in Hamburg

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