Lotsen leiden in der Krise

Der Rückgang in der Schifffahrt infolge der Wirtschaftsflaute hat die deutschen See- und Hafenlotsen in schwieriges Fahrwasser geführt. «Unsere Mitglieder verzeichnen drastische Mindereinnahmen», sagte der Präsident des Bundesverbandes der See- und Hafenlotsen (BSHL), Gerald Immens, gestern in Sittensen (Niedersachsen). Innerhalb weniger Wochen habe sich die Beschäftigungssituation der 850 im staatlichen Auftrag tätigen Lotsen von Zeiten mit bis zu 50 Prozent Mehrarbeit ins Gegenteil verkehrt. Nachdem die Lotsen jahrelang über Nachwuchsmangel klagten, gebe es jetzt teilweise eine dramatische Unterbeschäftigung, sagte Immens.

Als Freiberufler, die im staatlichen Auftrag handeln und deren Einsatz nach einer staatlichen Gebührentabelle bezahlt wird, sehen sich die Lotsen in der Wirtschaftskrise einem zunehmenden Druck ausgesetzt. «Wir machen praktisch Kurzarbeit, die wir selbst finanzieren», sagte Immens.

Die Lotsen sind in sogenannten Brüderschaften für bestimmte Reviere organisiert, die die Gebühreneinnahmen auf alle Mitglieder verteilen. «Durch diese Solidargemeinschaft werden die Folgen der Krise auf alle Lotsenbrüder gleichmäßig verteilt», erläuterte Immens.

Die Wirtschafts- und Schifffahrtskrise wirkt sich nach Angaben des Verbandspräsidenten in den einzelnen Revieren unterschiedlich aus. Im Bereich Emden könne es dramatisch werden, weil der niedersächsische Hafen fast ausschließlich vom Autotransport abhänge und deswegen besonders krisenanfällig sei.

Angespannt sei auch die Situation in den kleineren Häfen an der Küste von Mecklenburg-Vorpommern sowie in den großen Containerhäfen Hamburg und Bremerhaven. Die Rückgänge im Transitverkehr auf dem Nord-Ostsee-Kanal könnten dagegen kompensiert werden, wenn bei steigenden Treibstoffpreisen wieder mehr Schiffe die Kurzstrecke zwischen Nord- und Ostsee nutzten.

Eindeutig wandte sich der BSHL-Präsident gegen Forderungen einzelner Reedereien, das Lotswesen auf den Prüfstand zu stellen und die Kosten zu senken. «Staatlich bestellte Lotsen sind für einen sicheren und störungsfreien Schiffsverkehrs und damit auch für die Reedereien unverzichtbar», betonte Immens.

Bis zum vergangenen Jahr hatten die See- und Hafenlotsen noch händeringend nach Nachwuchskräften gesucht. Die jetzige Krise sei kein Entspannungssignal: «Wenn die Wirtschaftsflaute vorbei ist, brauchen wir auch wieder dringend Leute», so Immens.

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