Land will helfen
Die in Schwierigkeiten geratenen Hegemann-Werften in Stralsund und Wolgast können auf die Hilfsbereitschaft des Landes bauen. Die Koalition werde bei der Bewältigung der Werftenkrise helfen, erklärten am Mittwoch die beiden wirtschaftspolitischen Fraktionssprecher Jochen Schulte (SPD) und Wolfgang Waldmüller (CDU). Das Unternehmen mit Sitz in Bremen braucht nach Angaben von Schulte «zeitnah» 70 Millionen Euro. Nach Informationen von NDR 1 Radio MV wird das Geld bis Freitag benötigt, um eine drohende Insolvenz abzuweisen.
Die Auftragsbücher bei Hegemann seien gut gefüllt, es müssten aber Liquiditätslücken geschlossen werden. «Wir werden alles tun, um zu verhindern, dass die Beschäftigten die Fehler des Managements ausbaden müssen», so Schulte und Waldmüller. In erster Linie sei aber die tatkräftige Mithilfe der Eigentümer erforderlich, um die gegenwärtige Situation zu meistern.
Eine Stellungnahme des Schiffbauers war bis zum frühen Abend nicht zu bekommen. Nach Angaben der Landesregierung stehen Bürgschaften der öffentlichen Hand über 280 Millionen Euro bereit, um Hegemanns Finanzierungsprobleme zu lösen. Doch habe die Unternehmensführung noch kein für die Banken akzeptables Konzept vorgelegt.
Wirtschaftsminister Jürgen Seidel (CDU) und Finanzministerin Heike Polzin (SPD) hatten am Dienstag vor Panik gewarnt. Die Werften in Stralsund und Wolgast mit zusammen rund 2000 Beschäftigten seien sanierungsfähig, betonte Seidel. Das Land hatte zuvor schon den früheren Wadan-Werften in Wismar und Warnemünde mit Millionen-Krediten geholfen. Aber erst nach Einleitung des Insolvenzverfahrens fand sich ein neuer Investor.
Die Banken seien durchaus nicht ablehnend eingestellt, erläuterte Schulte. Sie wollten von Hegemann aber «fundierte Daten», die das Unternehmen bislang nicht liefern wollte oder konnte. Ein Kreditantrag sei noch nicht gestellt worden. Jetzt sei auf Druck der Banken und mit «wohlwollender Begleitung» der Landesregierung die Unternehmensberatung Ernst&Young eingeschaltet worden. «Wenn Hegemann seine Hausaufgaben macht, werden wir zusehen, das Verfahren bei Banken und Bundesregierung zu beschleunigen», sagte Schulte mit Blick auf mögliche Überbrückungskredite.
«In der gegenwärtigen Situation bringt es gar nichts, den Schwarzen Peter hin und her zu schieben», mahnte der Fraktionschef der Linken im Landtag, Helmut Holter. Alle Beteiligten müssten eine gewisse Risikobereitschaft zeigen, um die Liquidität des Unternehmens rasch zu sichern.
FDP-Fraktionschef Michael Roolf warnte dagegen, weder Banken noch Wirtschaftsprüfer könnten den Hegemann-Werften zum heutigen Zeitpunkt die Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit bestätigen. Die Landesregierung wolle Millionen überweisen, ohne dass irgendwelche Sicherheiten dafür möglich wären. «Diese Vorgehensweise ist sehr bedenklich», meinte Roolf.
Der Betriebsrat der Stralsunder Volkswerft reagierte mit Erstaunen auf die Meldungen. «Von angeblichen Liquiditätsproblemen wissen wir nichts», sagte Betriebsratschef Jürgen Kräplin. Sein Wolgaster Kollege Carsten Frick wollte sich zur Lage der Werft nicht äußern. «Die Kollegen machen ihren Job und beäugen kritisch, was links und rechts von ihnen passiert», sagte er nur.
Im vorigen Monat hatte die Hegemann-Gruppe Staatsbürgschaften beim Bund beantragt. Mit den Bürgschaften sollte die Zwischenfinanzierung für drei Schiffe abgesichert werden. Ein Containerfrachter und zwei Mehrzweckschiffe sind derzeit auf den Werften in Stralsund, Wolgast und Berne bei Bremen im Bau. Die Fertigstellung der Schiffe, deren Kaufpreis pro Stück bei 35 Millionen Euro liegt, war für diesen Herbst und das Frühjahr 2010 geplant.
Hegemann hatte die Stralsunder Volkswerft im August 2007 vom dänischen A.P.-Moeller-Konzern übernommen. Die Wolgaster Peenewerft, die zu DDR-Zeiten Spezialwerft für Marineschiffe war, ist bereits seit 1992 im Besitz des Bremer Unternehmers.