Längere Transfergesellschaften gefordert

Die Angst vor einer anhaltenden Auftragsflaute lässt die verbliebenen Mitarbeiter von Deutschlands drittgrößtem Schiffbauer erneut auf die Politik hoffen. Sofern die langersehnten, mehrfach in Aussicht gestellten Bestellungen aus Russland nicht bald eingingen, müssten die Transfergesellschaften der früheren Wadan-Werften in Wismar und Rostock-Warnemünde ins neue Jahr verlängert werden, forderte Betriebsrat Harald Ruschel gestern.

Schützenhilfe bekam der Wortführer der knapp 1000 von einst 2500 Kollegen, die seit der Wadan-Insolvenz befristet übernommen wurden, aus der Linkspartei. Das Land und weitere Gläubiger sind noch uneins, ob sich das Provisorium bis in den Sommer ausweiten lässt.

«Die Leute hier wollen arbeiten, nicht dem Staat auf der Tasche liegen», erklärte Ruschel. Jedoch komme man nicht umhin, die für zunächst fünf Monate geplante Auffanglösung auf die gesetzlich zugelassenen zwölf Monate zu strecken - falls der neue Eigentümer der in Nordic Yards umbenannten Werften, Witali Jussufow, nicht rasch für Aufträge sorgt. «Bund und Land haben Jussufow einen Persilschein gegeben», meinte der Arbeitnehmervertreter im Rückblick auf der Werftenkauf durch den Russen für mehr als 40 Millionen Euro. «Wenn sich die versprochenen Aufträge jetzt wieder verzögern, muss es für uns bis zum Sommer irgendwie weitergehen.»

Um die Chancen auf dem russischen Markt persönlich auszuloten, war Landes-Wirtschaftsminister Jürgen Seidel am Wochenende nach Moskau gereist - nicht zum ersten Mal war der CDU-Landeschef dort in Sachen Werftenkrise unterwegs. Die Gespräche mit der alten Führung um Jussufows Landsmann Andrej Burlakow und weiteren Branchenvertretern hatten im Dezember 2008 zu keinen greifbaren Ergebnissen geführt.

Klar sei diesmal, dass eine mögliche Transfer-Verlängerung bei Nordic maßgeblich von der Auftragslage abhänge. «Die Entscheidung würde leichter fallen, wenn sich neue Aufträge abzeichnen würden», meinte Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) vorige Woche. Seidel hatte vor der Abreise seine grundsätzliche Bereitschaft erneuert, öffentliche Hilfen auch künftig zur Verfügung zu stellen.

Gestern gab sich der Minister abermals optimistisch: Es gebe «Entscheidungen, die in nächster Zeit anstehen», sagte er dem Sender Antenne MV; der Eigner sei nun hoffentlich «sozial motiviert». Die Einschränkung folgte allerdings auf dem Fuße: «Aber das alles nützt uns natürlich noch nichts. Denn wir wissen, dass vor allem in Rostock die Beschäftigungssituation sich problematisch gestaltet.»

Die Warnemünder Kollegen sind besonders in der Bredouille, seit dort vor zehn Tagen das Vorderschiff für die zweite der beiden weltgrößten Fracht-Passagier-Fähren fertiggestellt und zur Endmontage nach Wismar gebracht wurde. «Nun steht für uns an erster Stelle, dass auch wir wieder etwas zu tun haben», sagte Ruschel. Einige Teilstücke für die Fähre der schwedischen Stena-Reederei würden noch an der Warnow beendet. Darüber hinaus gebe es kaum Beschäftigung, weil sich die Gespräche über die Abnahme eines Containerschiffs als Hängepartie erwiesen. Er appellierte an den Auftraggeber Laeisz, Verhandlungen mit Insolvenzverwalter Marc Odebrecht in Kürze abzuschließen: «Dann hätten wir auf einen Schlag 300 bis 400 Leute in Arbeit.»

Dass die jetzigen Restbestände allein bestenfalls die Gnadenfrist für die Schiffbauer verlängern, ist auch der Landtags-Opposition klar. Linksfraktionschef Helmut Holter erklärte, er wolle die Transfer-Laufzeit «mindestens» bis Ende Juli 2010 verlängert sehen.

Die Werftarbeiter bräuchten die Sicherheit, am Ende des Jahres nicht auf der Straße zu stehen. «Ich gehe davon aus, dass die Abgeordneten der demokratischen Fraktionen diese Einschätzung teilen.»

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