Entführte deutsche Seeleute wieder frei
Die zwei bei einem Piratenangriff vor der Küste Nigerias verschleppten deutschen Seeleute der „BBC Polonia" sind wieder frei.
Die komplette zwölfköpfige Besatzung des für das in Leer ansässige Befrachtungsunternehmen BBC der Reederei Briese fahrenden Frachters sei von den Entführern freigelassen worden, teilte David Nabaida von der nigerianischen Marine am Sonntag mit. Briese bestätigte die Befreiung. Über eine eventuelle Lösegeldzahlung wurden keine Angaben gemacht. Nigerianische Sicherheitskräfte versuchten weiterhin, die Piraten festzunehmen.
Bei dem Überfall in den Gewässern vor dem Nigerdelta war ein Crewmitglied verletzt worden. Nach Angaben von Briese wurde der Seemann im Krankenhaus behandelt und befindet sich mittlerweile wieder an Bord. Zunächst hatten nigerianische Medien sogar von einem Todesfall berichtet, der sich aber nicht bestätigte. Die freigelassenen Deutschen – darunter angeblich auch der Kapitän – seien wohlauf und befänden sich in der Obhut der nigerianischen Behörden, hieß es aus dem Krisenstab im Auswärtigen Amt.
Laut Nabaida ereignete sich der Überfall am Freitagabend in den Gewässern des Bundesstaates River State. An Bord des im Mai 2010 in Dienst gestellten 7500-Tonnen-Mehrzweckfrachters waren außer den beiden Deutschen sieben Russen, zwei Ukrainer und ein Lithauer. Nigerianische Marinesoldaten hatten das nach der Entführung der Seeleute verlassene Schiff gesichert. Es liegt mittlerweile im Hafen Bonny.
Zunächst bekannte sich keine Gruppe zu dem Überfall. Der Ort der Attacke legt aber nahe, dass es sich um einen Angriff der Nigerdelta-Rebellen handeln könnte, die vor einigen Monaten den Waffenstillstand mit der Regierung zum wiederholten Male aufgekündigt hatten. Sie kämpfen dafür, dass die Bevölkerung mehr und besser an den Einnahmen aus der Ölförderung beteiligt wird. Im Nigerdelta werden immer wieder Ausländer entführt. Zumeist kamen sie gegen Zahlung eines Lösegeldes wieder frei. Zuletzt waren dort im April zwei Deutsche am Ufer eines Flusses gekidnappt worden. Die Entführer verlangten damals nach Berichten aus Nigeria umgerechnet 150 000 Euro Lösegeld. Nach fünf Tagen waren die beiden Deutschen wieder frei.
Angriffe auf Frachter vor Nigeria und im Golf von Guinea sind keine Seltenheit, stehen ob der vielen Entführungen vor Ostafrika allerdings nicht so sehr im Fokus der Öffentlichkeit. In 2009 wurden nach Angaben des Internationalen Schifffahrtsbüro (IMB) 28 Schiffe allein vor Nigeria überfallen. Nachdem im November ein Offizier des deutschen CST-Tankers „Cancale Star" bei einem Piraten-Überfall vor Westafrika getötet wurde, forderten bereits einige Reederverbände einen internationalen Marineeinsatz im Golf (THB, 11. Dezember). Erst wenige Tage vor dem Überfall auf die „BBC Polonia" hatten Piraten in den Grenzgewässern zwischen Kamerun und Nigeria ein Passagierschiff angegriffen und eine Frau getötet.