So entsteht ein moderner Seenotkreuzer

Bei der 205. Ausgabe der Film- und Vortragsreihe „Bremer Tagebuch“ dreht sich am 25. November alles um den neuen 28-Meter-Seenotkreuzer „Ernst Meier-Hedde“.

Ab 19 Uhr wird Holger Freese, Diplomingenieur für Schiffbau und Inspektor bei der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS), alle Details zu dem seit Juni 2015 auf der nordfriesischen Insel Amrum stationierten Schiff beleuchten. Als Projektleiter begleitet er den Neubau von Seenotrettungskreuzern von der Idee bis zum Ende der zweijährigen Gewährleistungszeit. Freese ist Experte für Rettungsschiffbau und hat schon sieben Seenotrettungskreuzer gebaut, erprobt und übergeben.

Sein jüngstes Projekt, die „Ernst Meier-Hedde“, wurde als Nachfolge-Typ der „Berlin“-Klasse konzipiert und ersetzt den 30 Jahre alten Seenotkreuzer „Vormann Leiss“. Zum 150-jährigen Bestehen der DGzRS am 30. Mai 2015 wurde das Schiff in Bremerhaven getauft und in Dienst gestellt.

Als Typschiff der neuen 28-Meter-Klasse hat die „Ernst Meier-Hedde“ einen geschlossenen Fahrstand, einen Mehrzweckraum mit Behandlungsliege, eine umfangreiche Ausrüstung zur medizinischen Erstversorgung, Einzelkabinen und eine Feuerlöschpumpe mit ferngelenktem Monitor. Dar über hinaus verfügt sie über LED-Suchscheinwerfer, einen Schlepphaken sowie eine Heckwanne für das 8,20 Meter lange Tochterboot „Lotte“. Das mit vier Mann Besatzung verkehrende Schiff verfügt über zwei 16-Zylinder-Dieselmotoren mit je 1958 PS (1440 kW). Damit erreicht es eine Geschwindigkeit von 24 Knoten und besitzt eine Reichweite von 800 Seemeilen.

Die „Ernst Meier-Hedde“ als erster von drei neuen Kreuzern wurde für über zehn Millionen Euro – rein spendenfinanziert – für die DGzRS auf der Fassmer-Werft in Berne gebaut. Der Seenotkreuzer ist 27,90 Meter lang, 6,20 Meter breit, hat einen Tiefgang von 1,90 Metern und ist mit modernster Funk- und Nachrichtentechnik ausgestattet. Er hat zwei voll ausgebaute Fahrstände für die Vorwärtsfahrt, einen „abgespeckten“ für die Rückwärtsfahrt und kann auf der Stelle drehen. Wie seine Vorgänger seit 1967 ist das Rettungsschiff im bewährten Netzspantensystem aus seewasserfestem Aluminium gebaut und kann sich in Sekundenschnelle selbst wieder aufrichten, falls es kentern sollte.

Der Rumpf des Schiffes besteht aus rund 9400 Einzelteilen, die alle mit blauen Nummern und Buchstaben gekennzeichnet sind. Manche Einzelteile sind nur 50 Millimeter, andere dafür bis zu sechs Meter lang. Der Rumpf wurde vom Deck zum Kiel gebaut. Da er im ersten Bauabschnitt auf dem Rücken lag, ließ sich die Beplattung einfacher auflegen, und die Schweißer mussten weniger über Kopf arbeiten.

Die „Ernst Meier-Hedde“ ist länger, schwerer und schneller als ihre sechs Vorgänger der „Berlin“-Klasse. Deshalb haben die Ingenieure zuerst eine Miniaturausgabe des Kreuzers mit der internen Bezeichnung SK 35 gebaut und diese in der Hamburger Schiffbau-Versuchsanstalt vor der Kiellegung gründlich erprobt. Insgesamt wurde am Entwurf des neuen Rumpfes etwa ein halbes Jahr gearbeitet.

Auf der Fassmer-Werft wurde auch ein 1:1-Modell des neuen Fahrstandes aus Sperrholz gebaut und alle Schalter, Drehregler und Hebel aus Papier oder Holz nach Originalmaßen der Instrumente angefertigt. Anschließend lud man die Vorleute der DGzRS-Seenotkreuzer ein, um herauszufinden, welche Anordnung der Instrumente für ihre Bedürfnisse optimal ist.

Der Rumpf und das Deckshaus der „Ernst Meier-Hedde“ sind in Bardenfleth, einer Außenstelle der Fassmer-Werft, entstanden. Nach der „Hochzeit“, dem Aufsetzen des Fahrstandes auf den Rumpf, verließ der Rohbau Bardenfleth und wurde auf der Weser etwa 900 Meter flussabwärts geschleppt, um am Stammsitz in Berne-Motzen vollendet zu werden.

Bei der Indienststellung hat die ehemalige Besatzung der „Vormann Leiss“ mit Vormann Sven Witzke den neuen Kreuzer übernommen. Die Stammbesatzung des Schiffes besteht aus insgesamt neun Seenotrettern, wobei immer vier von ihnen zwei Wochen lang rund um die Uhr an Bord leben und arbeiten.

Interessierte, die noch mehr über den spannenden Entstehungsprozess der „Ernst Meier-Hedde“ erfahren möchten, sind von den Veranstaltern – der DGzRS, der Wittheit zu Bremen und der Bremer Kieserling Stiftung – herzlich zum 205. „Bremer Tagebuch“ und zum Vortrag von Holger Freese eingeladen. Das Programm dauert etwa 80 Minuten, und der Eintritt ist frei. Veranstaltungsort ist das Haus der Wissenschaft, Sandstraße 4, in 28195 Bremen. bre

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