Meyer Werft mit Staatskraft

Für das derzeit älteste deutsche Schiffbauunternehmen, die Meyer Werft in Papenburg (Gründung: 1795), beginnt eine neue Ära in der Firmenentwicklung.

Der Bund und das Land Niedersachsen steigen jetzt als Gesellschafter mit einem Anteil von jeweils 40 Prozent in das bislang rein inhabergeführte Unternehmen ein, das in diesem Frühjahr durch eine Verkettung von Umständen in eine akute wirtschaftliche Schieflage geraten war.

Aufgrund der besonderen Systemrelevanz der Werften-Gruppe für den Schiffbaustandort Deutschland zeichnete sich bereits im Frühjahr beziehungsweise im Frühsommer ab, dass sowohl der Bund als auch das Küstenbundesland Niedersachsen über die Absicherung von Bürgschaften hinaus dem Familienunternehmen unter die Arme greifen würden. In der gesamten Schiffbau-Gruppe, die neben Papenburg auch in Rostock sowie im finnischen Turku fertigt, sind um die 7000 Mitarbeiter tätig. Meyer ist für das eher strukturschwache Emsland eine der tragenden Säulen der Wirtschaft. Allein am Stammsitz Papenburg sind rund 3000 Beschäftigte aktiv. Die tiefe Verankerung der Werft in der Region kam Mitte Juni auch auf der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg (IHK) klar zum Ausdruck. Damals hatte IHK-Präsident Theo Albers erklärt, dass „wir uns der Werft und ihren Beschäftigten solidarisch und eng verbunden sehen. Wir unterstützen die Meyer Werft dabei, den Standort Papenburg und seine Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.“

Während der Sommermonate wurde dann auf den verschiedenen politischen Ebenen mit Hochdruck an der Finalisierung des Werften-Deals gearbeitet – mit Erfolg. Am 13. September gaben die Haushaltsausschüsse im Bundestag und im Niedersächsischen Landtag den Weg frei für die Bewilligung der entsprechenden Beteiligungsgelder für den Direkteinstieg. Zudem wurde eine Bürgschaft erteilt über einen Kreditrahmen in Höhe von 2,6 Milliarden Euro. Die kartellrechtliche Zustimmung aus Brüssel zu der deutschen Staatsbeteiligung erfolgte dann Anfang Dezember.

Zum Gesamtdeal gehört auch, dass sowohl der Bund als auch das Land Niedersachsen Spitzenpersonal ihres Vertrauens in das Unternehmen entsenden. Es geht um den wichtigen Aufsichtsrat. Für den Bund sollen jetzt Patricia Geibel-Conrad sowie Christian von Lenthe in den Aufsichtsrat des Unternehmens wechseln. Geibel-Conrad sei Spezialistin im Finanz- und Prüfungswesen und habe langjährige Erfahrungen in Aufsichtsräten sowie Prüfungsausschüssen, heißt es. Von Lenthe sei Jurist mit Erfahrungen unter anderem in den Bereichen Restrukturierung und Sanierung.

Ebenfalls wird Klaus Richter als weiteres Mitglied dem Aufsichtsrat der Werft angehören. Ihm wird eine langjährige Erfahrung in Führungspositionen unter anderem der Diehl-Gruppe, Airbus und BMW bescheinigt. Das Land Niedersachsen hatte bereits Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) und die Wirtschaftsjuristin Anne Deter aus dem Finanzministerium für den Aufsichtsrat bestimmt. Über die Besetzung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat muss noch der Betriebsrat entscheiden.

In der ersten Augusthälfte des Jahres konnte die Papenburger Werft den nach eigener Darstellung „höchsten Auftragswert in der Geschichte“ unter Dach und Fach bringen. Es handelt sich dabei um vier Luxusschiffe für den Stammkunden Disney Cruise Line. Das Quartett soll im Zeitraum 2027 bis 2031 ausgeliefert werden. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses umfasste das Orderbuch damit zehn Kreuzfahrtschiffe, ein Forschungsschiff sowie den Stahlbau von vier Offshore-Konverterplattformen. Der Bestand sei damit bis 2031 wirksam, freute sich damals Werft-Chef Bernard Meyer. Das Portfolio stelle einen Gesamtwert von mehr als elf Milliarden Euro dar. EHA/dpa

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