Fassmer-Werft steht auf solidem Fundament

Meilenstein: das Higtech-Unternehmen Fassmer-Werft in Berne , Foto: Fassmer-Werft

Länge läuft: An der Ausrüstungspier der Fassmer-Werft in Berne liegen Projekte im Wert von rund 230 Millionen Euro. So baut das Unternehmen zum Beispiel drei neue Korvetten, große Einheiten für die Bundespolizei und liefert auch das künftige Flaggschiff des BSH, die „Atair“ ab, Foto: Eckardt

Foto: Fassmer-Werft, Zuversichtlich: Harald Fassmer
Sie gehört zu den erfolgreichen mittelständischen Werft-Unternehmen in Deutschland: die Fassmer-Werft im niedersächsischen Berne, mit den Brüdern Harald und Holger Fassmer an der Firmenspitze. Schon jetzt schaut man voller Vorfreude auf das Jahr 2020, wenn der 170. Geburtstag des Familienunternehmens ansteht und entsprechend gefeiert werden soll.
Wer die Werft von der Wasserseite aus einsieht, dem fällt unter anderem die dauerhaft gut bestückte Ausrüstungspier auf. Zum Zeitpunkt des THB-Besuches lagen dort zum Beispiel die beiden Einsatzschiffe für die Bundespolizei, die „Potsdam“ und die baugleiche „Bamberg“ sowie die „Atair“, das künftige Flaggschiff des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Allein dieses Trio steht für ein Gesamtauftragsvolumen von rund 230 Millionen Euro. Während die beiden Bundespolizei-Einheiten – ein drittes Schwesterschiff ist im Bau – noch in diesem Jahr abgeliefert und in Dienst gestellt werden, erfolgt für die „Atair“, deren Taufe für den Herbst 2019 geplant ist, die Übergabe an das BSH im Frühjahr 2020.
Die aktuelle Auftragslage der Gruppe sei „gut“, stellt Werftchef Harald Fassmer im Gespräch mit dem THB zufrieden fest. Der Unternehmer, zugleich seit Mai 2012 an der Spitze des Branchenverbandes VSM (Verband für Schiffbau und Meerestechnik) stehend, spricht damit für ein Firmenkonstrukt, das aktuell auf sechs Säulen ruht und für das im nationalen wie internationalen Verbund rund 1500 Beschäftigte arbeiten. Es sind im Einzelnen neben dem Segment Schiffbau auch der Boots- und Davitbau, der Anlagenbau, der Bereich Windkraft, die Faserverbundtechnologie und der After-Sales-Service.
Am Stammsitz in Berne werden vor allem Schiffe mit Gesamtlängen von bis zu 100 Metern gebaut. In den Standort flossen in der jüngeren Vergangenheit erhebliche Mittel in Ausbau und die Modernisierung. Weitere Investitionen seien geplant. Firmenchef Fassmer verweist darauf, dass neben Berne auch an weiteren Standorten eine Fertigung erfolgt. Dank der Übernahme der früheren Schiffs- und Bootswerft Schweers in Bardenfleth steht beispielsweise ein weiterer Produktions standort für den Schiffbau zur Verfügung.
Das Unternehmen Fr. Fassmer GmbH & Co. hat sich über die Jahre hinweg einen sehr guten Namen bei der Konstruktion und dem Bau von technisch anspruchsvollen Behördenfahrzeugen oder auch Marineschiffen gemacht, und zwar national wie auch international. Das Unternehmen baute in dem Zusammenhang in den zurückliegenden Jahren im Schiff- und Bootsbau die Kompetenz und Leistungsfähigkeit im Marinesegment systematisch weiter aus und bündelte sie unter der Dachmarke Fassmer Defence. Eine Überlegung dahinter: Auf diese Weise will sich die Werften-Gruppe künftig verstärkt an Ausschreibungen zugunsten von Neubeschaffungen der Deutschen Marine beteiligen. Deren Ersatzbedarf ist groß und soll und muss nach den Vorstellungen der Bundesregierung in den kommenden Jahren befriedigt werden. Dabei reicht das Spektrum von „Mehrzweckkampfschiffen“ (MKS) über neue Marinetanker oder zusätzliche U-Boote bis zu Logistikschiffen (Tender). Fest steht dabei aber auch: Es soll nicht nur national, sondern auch international ausgeschrieben werden. Das Milliardenvorhaben „MKS 180“ bietet dazu die entsprechende Blaupause für weitere Zukunftsvorhaben. Fassmer ist dabei aktuell auch als Zulieferer in das Gesamtvorhaben „MKS 180“ miteingebunden.
Das Stichwort „Projektausschreibungen“ ist für Harald Fassmer wie auch für viele andere Chefs der vornehmlich mittelständisch strukturierten deutschen Werften durchaus ein Reizwort. Es geht nämlich um einen Wettbewerb auf Augenhöhe. Tatsache sei aber, dass den deutschen Unternehmen verstärkt große „Staatswerften“ in den jeweiligen Ländern gegenüberstehen, die damit in der Regel auch viel finanzkräftiger aufgestellt sind als die deutschen, vornehmlich inhabergeführten Werften-Konstrukte. Um die gute Auslastung fortzuschreiben sei die Werft derzeit mit verschiedenen Projektausschreibungen befasst.
Das zentrale Thema „alternative Antriebskonzepte für die Schifffahrt“ genießt im Hause Fassmer einen herausragenden Stellenwert. Tatsächlich stammt das erste, von Anfang an mit einem LNG-Antrieb konzipierte und gebaute Schiff unter deutscher Flagge aus der Berner Werften-Gruppe. Die für die AG-Ems-Tochter Cassen Eils gebaute „Helgoland“ ist seit Ende 2015 erfolgreich in Fahrt. Auch das künftige BSH-Forschungsschiff „Atair“ wird mit LNG unterwegs sein. Harald Fassmer rückblickend: „Die kontinuierliche Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter, gerade auch bei allen LNG-relevanten Themen, hat sich in den vergangenen Jahren ausgezahlt.“ Die Forschungs- und Entwicklungs-Abteilung der Werft befasst sich darüber hinaus mit Hybrid-Antriebssystemen oder dem reinen Elektroantrieb.
Ein besonderes Augenmerk gilt im Traditionsunternehmen auch der Aus- und Weiterbildung des Fachpersonals. Aktuell zählt das Unternehmen 55 Auszubildende in verschiedenen Beurfsbildern. Darüber hinaus bietet die Werft bereits seit mehreren Jahren duale Studiengänge im Ingenieursbereich an und gewinnt so die Spezialisten und Führungskräfte von morgen.
Apropos Zukunft: Es deutet schon jetzt alles darauf hin, dass es auch eine sechste Generation Fassmer-Werftchefs gibt. So ist Harald Fassmer Vater von drei Söhnen. Sein Bruder Holger ist voller Stolz auf einen Sohn und eine Tochter. Kurzum: Es sei Nachwuchs da, der „uns dann zeigen kann, wie es richtig geht“, meint Harald Fassmer augenzwinkernd. CE/EHA