Expeditionscruiser mit innovativem Bug

Der 135 Millionen Dollar teure Neubau hat einen aus der Offshorebranche bekannten X-Bow, Foto: Lindblad Expedtions
Auf der Crist-Werft im polnischen Gdynia wurde jetzt die offizielle Kiellegung für den Kreuzfahrtneubau mit der Baunummer NB 312 für den US-amerikanischen Veranstalter Lindblad Expeditions gefeiert.
Dabei fertigt die polnische Werft im Auftrag für die norwegische Ulstein Group den Stahlrumpf mit dem auffälligen X-Bow. Die Ausrüstung erfolgt dann auf der Ulstein Verft in Norwegen.
Der Neubau mit dem Namen „National Geographic Endurance“ soll im ersten Quartal 2020 abgeliefert werden. Mit der Polar Class 5 kann das Schiff zu jeder Jahreszeit unter polaren Bedingungen eingesetzt werden.
Laut Auskunft von Sven Lindblad, President und CEO der Reederei, soll dieser Neubau, nach dem noch eine Option für den Bau zweier Schwesterschiffe besteht, weiter als je zuvor ins Packeis vordringen und Touristen in unberührte Bereiche der Arktis bringen. Hierzu werden speziell vergrößerte Treibstoff- und Wassertanks eingebaut, um die Reichweite in die abgelegenen Regionen zu erhöhen.
Der 125 Meter lange und 20 Meter breite Expeditionscruiser bietet Platz für 126 Passagiere in 69 geräumigen Kabinen und Suiten, darunter zwölf Kabinen für Alleinreisende. 75 Prozent der Kabinen verfügen über einen Balkon. Außer einem Wellness- und Fitnessbereich mit Behandlungsräumen, Saunen und einen Yogaraum, stehen den Gästen auch zwei Infinity-Jacuzzis zur Verfügung. Das gastronomische Angebot umfasst ein Hauptrestaurant sowie einen Grill- und Bistrobereich im Freien.
Der Neubau wird auch mit im Yachtbau schon häufiger eingesetzten, so genannten Zero-Speed Stabilisatoren ausgestattet. Diese kommen zum Einsatz, wenn das Schiff nur mit geringer Fahrt verkehrt oder zum Ausbooten auf Reede vor einem Hafen liegt, und in besonders schützenswerten Regionen auf das Anker setzen verzichtet werden muss.
Auffällig ist bei dem rund 135 Millionen US-Dollar teuren Neubau vor allem die Bugpartie des Neubaus mit dem von Ulstein entwickelten X-Bow (gesprochen „Crossbow“), der bislang vor allem bei Offshore-Versorgern zum Einsatz kam und sowohl Treibstoffeffizienz als auch Seegangseigenschaften verbessern soll.
Zur Erkundung der vorbeiziehenden Landschaft vom Schiff aus, wird es mehrere innen und außen liegende Aussichtsplattformen geben. Für die Anlandung werden Zodiacs mitgeführt, und für die Landgänge stehen Langlaufskier aber auch ein ferngesteuertes Fahrzeug zur Verfügung. Weiterhin wird auf dem Neubau ein Hubschrauberlandeplatz installiert. Weitere Details will die Reederei demnächst noch mitteilen.
Die spezielle X-Bow-Bugform wurde von der Ulstein-Group vor rund 15 Jahren speziell für Offshorefahrzeuge, die oftmals bei schweren Seebedingungen zum Einsatz kommen, entwickelt. Schiffe mit dieser Bugform – ohne den sonst üblichen Wulstbug – verfügen über einen höheren Auftrieb bei geringerem Eintauchen, was zu weicheren Seegangsbewegungen und somit mehr Komfort für die Passagiere führt. Das erste Schiff mit dieser besonderen Bugform war der Schleppversorger „Bourbon Orca“ der norwegischen Bourbon Offshore Marine. Mittlerweile fahren über 100 Schiffe mit dieser Bugform über die Weltmeere, wovon allein schon 45 in China produziert wurden, wie die Werft mitteilte. Inzwischen entwickelten die Ulstein-Ingenieure die Bugform auch für den boomenden Kreuzfahrtmarkt, speziell für die Klasse der Explorer-Schiffe weiter, die Reisen in entlegene Gebiete etwa in die Richtung Antarktis oder Arktis unternehmen.
Lindblad Expeditions Inc. mit Sitz in New York und Seattle (USA) wurde 1979 von dem schwedisch-amerikanischen Forscher Lars-Eric Lindblad gegründet. Das Unternehmen betreibt derzeit sieben kleine Expeditionsschiffe sowie vier weitere in Vollcharter, mit jeweils maximal 148 Passagieren. Seit 2004 erfolgt die Kooperation mit der National Geographic Society, die die Schiffe in entlegene Regionen der Weltmeere, so zum Beispiel in die Arktis und Antarktis, zu den Galapagos-Inseln, in den Amazonas aber auch nach Alaska, ins Mittelmeer oder nach Neuseeland führt. Erst im vergangenen Jahr hatte Lindblad Expeditions erstmals ein in den USA entwickeltes und produziertes Expeditions-Kreuzfahrtschiff, die „National Geographic Quest“ für maximal 100 Gäste von der Werft Nichols Brothers im US-Bundesstaat Washington übernommen. Ein Schwesterschiff, die „National Geographic Venture“, soll noch im Sommer 2018 folgen. ce/pk