P+S-Werften: E-Mail-Streit dauert an

Nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichts zum E-Mail-Streit im Werften-Untersuchungsausschuss, das zugunsten der Opposition ausfiel, hat das Gremium in seiner Sitzung am Montag überraschend keinen Beschluss zum weiteren Vorgehen gefasst.

Die SPD/CDU-Koalition habe erklärt, sie habe das 27-seitige Urteil (THB 26. Februar 2016) noch nicht auswerten können, teilten Linke und Grüne nach der Ausschusssitzung in Schwerin mit.

Die Obfrau der Linken im Untersuchungsausschuss, Jeannine Rösler, warf dem Regierungslager vor, die E-Mails weiter vorenthalten und die Ausschussarbeit verzögern zu wollen. Sie äußerte die Vermutung, die Koalitionsfraktionen spielten auf Zeit, um einen qualifizierten Abschluss des Ausschusses bis zur Landtagswahl im September zu verhindern.

Die Obfrau der SPD, Stefanie Drese, widersprach. Alle demokratischen Fraktionen wollten ein zügiges Verfahren, sagte sie. Die nächsten Schritte müssten rasch, aber gründlich vorbereitet werden. Der Obmann der CDU, Wolfgang Waldmüller, warf der Opposition seinerseits Wahlkampfmanöver vor.

Linke und Grüne wollen schon seit langem den gesamten E-Mail-Verkehr zwischen P+S und der Landesregierung auswerten, der auf den Servern der 2012 pleite gegangenen Werften gefunden worden ist. Ihr Beweisantrag war von SPD und CDU abgelehnt worden. Das Regierungslager ist der Auffassung, dass dort nichts Neues zu erfahren sein wird, weil alle der Regierung vorliegenden E-Mails zur Verfügung gestellt worden seien. Das Gericht hatte sich jedoch der Auffassung der Opposition angeschlossen, dass dies nicht heißen muss, dass auf den Servern nicht doch noch bislang unbekannte Mails liegen könnten.

Nach Worten des Grünen-Obmanns Johannes Saalfeld baten SPD und CDU um Aufschub bis zum 17. März. Das sei der Opposition jedoch viel zu spät gewesen. Schließlich einigte man sich auf eine weitere Sondersitzung am 9. März. Dann soll der Beweisantrag der Opposition erneut behandelt werden. Nimmt der Ausschuss den Beweisantrag an, muss bei der Staatsanwaltschaft Stralsund die Herausgabe der E-Mails beantragt werden. Saalfeld geht von etwa 1000 Mails auf den Servern aus, die den Informationsaustausch zwischen P+S-Werften und Landesregierung betreffen.

Derweil hat das Landgericht Stralsund im Rechtsstreit um die Gültigkeit des Jahresabschlusses der P+S-Werften aus dem Jahr 2010 die Klage von Insolvenzverwalter Berthold Brinkmann zugelassen. Demnach ist Brinkmann berechtigt, gegen die von ihm als Insolvenzverwalter vertretenen P+S-Werften zu klagen, sagte der Vorsitzende Richter, Siegfried Imkamp, am Montag. Brinkmann hatte geklagt, weil er ein Gutachten der Wirtschaftsprüfer KPMG für fehlerhaft hält. Demnach sei die Stralsunder Volkswerft überbewertet in die Verschmelzung mit der Wolgaster Peene-Werft gegangen. Brinkmann will deshalb den Jahresabschluss aus dem Schlüsseljahr 2010 für nichtig erklären lassen. Gegen das Zwischenurteil kann Berufung eingelegt werden.

Wie Brinkmann in der Verhandlung im November ausführte, hat KPMG in diesem Gutachten zur P+S-Verschmelzung am 26. Mai 2010 festgestellt, dass die Stralsunder Werft einen Ertragswert von 168,4 Millionen Euro und einen Sachwert von 130 Millionen Euro gehabt haben soll. Inmitten der Werftenkrise seien diese Werte unrealistisch, zumal zwei gleichwertige Werften in Wismar und Warnemünde im Sommer 2009 mit 40 Millionen Euro verkauft worden waren, führte Brinkmann in der Verhandlung aus.

Die aus Sicht der Insolvenzverwaltung nicht gerechtfertigte Bewertung der Stralsunder Werft hatte möglicherweise Auswirkungen auf dringend benötigte 326 Millionen Euro schwere Kredite, die den Bestand der P+S-Werften erst ermöglichten. Geprüft werden müsse, ob erst durch die Höherbewertung der Werft die dafür erforderliche Eigenkapitalquote für die Vergabe der Kredite geschaffen wurden. Für die Kredite hatten Land und Bund gebürgt.

Das Verfahren ist ein Baustein in der Aufarbeitung der Pleite der P+S-Werften. Die Insolvenzverwaltung will feststellen, wann die Insolvenzreife für die Werftengruppe eingetreten ist. Wie Brinkmann im November ausführte, war dies bereits vor August 2012 der Fall. Daneben prüft der Parlamentarische Untersuchungsausschuss mögliche politische Verantwortlichkeiten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung gegen das damalige P+S Management.

Erst im August 2012 hatte die damalige P+S-Geschäftsführung beim Amtsgericht Stralsund Insolvenz für die Werften mit einst 1750 Mitarbeitern angemeldet. Letzter Auslöser waren technische Probleme an den Fährneubauten für die Reederei Scandlines. Das Land hat durch die Pleite rund 270  Millionen Euro verloren. lmv/fab

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