Deutsche Marine rettet über 3400 Flüchtlinge

Der deutsche Tender „Werra“ wurde kurz nach dem Eintreffen im Mittelmeer bereits zu einem ersten Rettungseinsatz für Flüchtlinge beordert, Foto: Behling
Innerhalb von vier Tagen hat die Deutsche Marine 1710 Flüchtlinge vor der Küste Libyens aus Seenot gerettet. Unterdessen erneuerten Reeder ihre Kritik an der EU.
Die Fregatte „Schleswig-Holstein“ holte am Wochenende bei drei Einsätzen 1083 Menschen aus Booten (THB 25. Juni 2015). Der in Kiel beheimatete Tender „Werra“ rettete bei seinem ersten Einsatz 627 Menschen, die rund 50 Kilometer vor der libyschen Küste mit einem maroden Holzboot unterwegs waren. Wie das Einsatzführunsgkommando der Bundeswehr bestätigte, waren unter den Geretteten auf der „Werra“ 115 Frauen und 41 Kinder. Die Besatzungsmitglieder versorgten die Flüchtlinge mit Wasser und Nahrung und brachten sie provisorisch an Deck unter. Damit wurden in einer Woche von deutschen Marineschiffen bereits so viele Flüchtlinge gerettet, wie noch bei keinem anderen Einsatz zuvor.
Das bis an die Kapazitätsgrenze gefüllte Marineschiff brachte die Flüchtlinge nach Regio Calabria, wo sie an die italienischen Behörden übergeben wurden. Die 100 Meter lange „Werra“ hatte am 3. Juni Kiel verlassen und Mitte des Monats in Malaga Ausrüstung vom dem Versorger „Berlin“ übernommen.
Die Überführung der Flüchtlinge von ihrem Holzboot auf den Tender dauerte fast fünf Stunden. „Es gibt dabei ein eingeübtes Verfahren. Die Flüchtlinge werden in kleinen Gruppen in eine Rettungsinsel geholt und dann von den Speedbooten zum Tender geschleppt“, sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos in Potsdam. An Bord kommen die Männer auf das Hubschrauberlandedeck oder das Vorschiff. Frauen und Kinder werden im geschützten Decksbereich vor dem Aufbau versorgt. Die Aufenthaltsbereiche wurden mit Tarnnetzen als Sonnenschutz überspannt. Die Kombüse der „Werra“ ist im Dauerbetrieb. Die für bis zu 100 Menschen ausgelegte Küche produziert rund um die Uhr Mahlzeiten. „Die Mannschaft bereitet leichte Speisen zu. Dabei handelt es sich um Reis, Gemüse und Hühnchen“, so der Bundeswehr-Sprecher weiter. Im Verhältnis zur Schiffsgröße war es die größte Rettung eines deutschen Marineschiffes. Nur die deutlich größere Fregatte „Hessen“ hatte am 29. Mai bei einem Einsatz 880 Menschen gerettet. Die „Hessen“ und der Versorger „Berlin“ hatten bis zur Ablösung durch die Fregatte „Schleswig-Holstein“ und den Tender „Werra“ in vier Wochen 3400 Bootsflüchtlinge aus dem Mittelmeer aufgenommen. Die beiden seit Mitte Juni aktiven Schiffe „Werra“ und „Schleswig-Holstein“ haben in nur einer Woche fast die Hälfte dieser Zahl erreicht. Einen Teil der geretteten Flüchtlinge hatte die Fregatte an das von der Organisation Ärzte ohne Grenzen eingesetzte Spezialschiff „Bourbon Argos“ sowie das britische Landungsschiff „Bulwark“ übergeben. Marineeinheiten aus Island, Irland, Schweden und Italien sind auch vor Ort. Das leere Flüchtlingsboot wurde von der „Werra“ zur Versenkung an die italienische Korvette „Comandante Bettica“ übergeben.
Der Präsident des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), Alfred Hartmann, sagte, deutsche Handelsschiffe hätten seit Jahresanfang 2300 Flüchtlinge gerettet. Hartmann erneuerte die Forderung des VDR und europäischer Reederverbände, dass die Politik mehr tun müsse, um die Ursachen der massiven Flüchtlingsströme über das Mittelmeer zu bekämpfen. FB/pk