Änderungen bei EEG-Novelle lassen Alarmglocken an der Küste schrillen
Letzte Änderungen an der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) drohen die Energiewende an der Küste auszubremsen. Von 2020 bis 2023 könnten demnach in der Nordsee so gut wie keine Offshore-Windenergieprojekte mehr verwirklicht werden, kritisierte der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil am Mittwoch in Hannover.
"Dieses abrupte Bremsmanöver ist aus niedersächsischer Sicht völlig inakzeptabel", warnte der SPD-Politiker. "Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die sich jetzt andeutenden Veränderungen erhebliche negative Auswirkungen auf die Offshore-Branche und auf die Zulieferbetriebe hätten."
Nach einer Einigung der Regierungskoalition soll der Offshore-Ausbau in den Jahren 2021/22 weitgehend nur noch in der Ostsee stattfinden. Zur Begründung heißt es, in der Nordsee gebe es absehbar keine Leitungskapazitäten zur Anbindung zusätzlicher Offshore-Plattformen. Weil: "Dies sind jedoch bloße Vorwände, die die Bundeskanzlerin und den Bundeswirtschaftsminister noch vor wenigen Wochen nicht daran gehindert hatten, mit den Ländern einen gleichmäßigen Ausbau der Offshore-Windenergie zu vereinbaren."
Sein Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) hielt dem Bund Versäumnisse bei der Planung der Trassen vor und warnte vor einem "technologischen Fadenriss" in der Offshore-Branche. Durch ein Verschieben des Ausbauvolumens für die Offshore-Windenergie in die zweite Hälfte der 2020er Jahre werde der Ausbau teurer, da nur ein kontinuierlicher Ausbau zu Kostenersparnissen und Effizienzsteigerungen führen könne.
Habeck hat Verständnis
In anderen norddeutschen Bundesländern stoßen die Änderungen ebenfalls auf Kritik. "Auch wenn Schleswig-Holstein hier nicht so betroffen ist, weil Netzanbindungen und ein Großteil der Parks schon gebaut sind, ist die Kritik aus Niedersachsen, Hamburg und Bremen nachvollziehbar", sagte Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne). Das eigentliche Problem sei, dass die Ausbaukurve
2020/2021 insgesamt deutlich abgeflacht worden sei, sagte Urs Wahl von der Offshore-Wind-Industrie-Allianz (OWIA) in Berlin. "Das ist schlecht für alle - für Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Bremen."
Der EEG-Entwurf soll die Kosten für die erneuerbaren Energien begrenzen und sieht daher niedrigere Ausbauziele für die Windenergie an Land und auf See und ein neues Förderverfahren vor. Vertreter der Windkraftbranche und anderer Verbände befürchten, dass die Regelungen und Vorgaben des Entwurfs die Energiewende ausbremsen könnten.
Sobald die umfangreichen Änderungsanträge in den Gesetzentwurf eingearbeitet sind, soll er abschließend am Freitag im Bundestag beraten werden. Er könnte dann recht zügig vor dem Bundesrat landen. "Die jetzt avisierte Regelung entspricht in keiner Weise den Vereinbarungen der letzten Ministerpräsidentenkonferenz mit der Bundesregierung", kritisierte Weil. Die beabsichtigten Änderungen könnten eine erhebliche Belastung für die Planungssicherheit der Offshore-Industrie in ganz Deutschland darstellen.
Rückschlag für die Industrie
Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) sprach von einem "Schlag ins Gesicht der Offshore-Branche" und meinte: "Hier droht ein ganzer Industriezweig seines Marktes beraubt zu werden." Bei den EEG-Änderungen sei ein tragfähiger Kompromiss ohne Not aufgekündigt worden. Es werde damit künftig schwieriger werden, um weitere Ansiedlungen für die die beiden perspektivreichen niedersächsischen Offshore-Standorte Emden und Cuxhaven zu werben.
Lies gab sich dennoch optimistisch fürs deutsche Offshore-Industrie- Zentrum Cuxhaven, wo Siemens 200 Millionen Euro in ein neues Windturbinen-Werk investiert und rund 1000 Arbeitsplätzen schafft. In dem neuen Werk an der Nordsee ist die Endmontage von Generatoren, Naben sowie Gondel-Rückteilen vorgesehen, die zu kompletten Maschinenhäusern für Windenergieanlagen auf hoher See zusammengebaut werden. Der Standort ist international ausgerichtet. Mit gut 8600 Megawatt installierter Windenergieleistung ist Niedersachsen Spitzenreiter im Ländervergleich. Branchenangaben zufolge hängen etwa 32.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt davon ab. lni/lno