Deutschlands erstes Hotel auf hoher See
Schäumend bricht sich die Nordsee am stählernen Unterbau. Auf der Plattform rund 20 Meter höher leben seit zwei Monaten rund 50 Techniker, Ingenieure, aber auch Köche und Hausmeister.
Sie alle arbeiten auf Deutschlands erstem Offshore-Hotel rund 70 Kilometer westlich von Sylt. Ihre Aufgabe: Wartung der benachbarten Windparks „Dan Tysk“ (am Netz) und „Sandbank“ (in Bau). Insgesamt sollen von hier aus 152 von Vattenfall und den Stadtwerken München betriebene Windräder Strom in deutsche Haushalte schicken.
Der Alltag auf dem mehr als 2000 Tonnen schweren Koloss ist durch Arbeit geprägt. Im Schichtbetrieb, zwei Wochen am Stück, bis zu zwölf Stunden pro Tag dreht sich auf der in Emden gefertigten Plattform alles um Windenergie. Der Aufwand kostet viel Geld. Dennoch glaubt Betreiber Vattenfall, dass sich der rund 100 Millionen Euro teure Bau rechnet.
Denn das tief im Meeresboden verankerte Hotel hat Vorteile: Bislang mussten die Serviceteams rund 100 Kilometer per Schiff oder Heli kop ter anreisen. Nun bringen Transportschiffe die Teams innerhalb kurzer Zeit von der Wohnplattform statt von schaukelnden Hotelschiffen zu den Einsatzorten.
Die Arbeiten am Windpark „Sandbank“ gehen schneller als geplant. Einem Vattenfall-Sprecher zufolge montieren die Techniker derzeit alle zwei bis drei Tage eine neue Turbine. 30 Anlagen stehen bereits.
Auch Christof Huß, Betriebsleiter von „Dan Tysk“, schläft ab und zu auf der 3500 Quadratmeter großen Plattform, wenn er nicht gerade den Betrieb von Hamburg oder dem dänischen Esbjerg aus koordiniert. In den rund elf Quadratmeter kleinen Kabinen hängen Fernseher, es gibt eigene Bäder. Kraftraum, Kino und Billardtisch sorgen für Abwechselung. Alles ist etwas enger, selbst der Müll wird gepresst, damit er wenig Platz einnimmt. Am wichtigsten sei auf See jedoch etwas anderes: „Es gibt zwei Sachen, die funktionieren müssen – das sind Essen und Kommunikation“, sagt Huß. Fast alle telefonieren abends mit zu Hause – und ist das Essen schlecht, drückt das die Stimmung.
Sind die Einschränkungen für den 45-Jährigen ein Problem? „Offshore ist ein Bereich, der mich immer fasziniert hat“, sagt Huß über seinen Arbeitsplatz. Doch der Verzicht auf Komfort sei ihm schwer gefallen – nun habe er die ideale Kombination gefunden. Einige Plattformmanager, so erzählt es der zweifache Familienvater, seien sogar noch weniger Privatleben gewohnt gewesen – sie hätten aus der Seefahrt auf der Plattform angeheuert, die im Meer neben der Umspannstation für den Windpark entstand. Eine Gangway verbindet die beiden Ökostrom-Inseln.
Theoretisch könnten die Crews bis zu zwei Wochen völlig autark leben – und die ersten Herbststürme stehen der Plattform noch bevor. Anders als auf den Schiffen, versichert Huß jedoch: „Da schaukelt nichts.“ lno/FBi