Schleusentore auf Weltreise

Technische Meisterleistung: In Ijmuiden entsteht seit 2016 die größte Seeschleuse der Welt. 2022 ist sie fertig, Foto: Arndt
Ein weiterer, bedeutender Meilenstein auf dem Weg zur größten Seeschleuse der Welt im niederländischen Ijmuiden ist jetzt gesetzt worden: Der Schwergutfrachter „Talisman“ (IMO 8918942) nahm jetzt von Südkorea aus drei Torelemente an Bord, um Kurs auf Nordwesteuropa zu nehmen.
Die Großbauteile haben es im Wortsinne in sich, das geht aus den wenigen technischen Eckdaten hervor, die das niederländische Baukonsortium Open IJ zur Verfügung stellte. So wiegt jedes der rund 72 Meter langen, elf Meter tiefen und 24 Meter hohen Einzeltore rund 2900 Tonnen. Der 1993 gebaute, rund 53.000 tdw tragende Spezialfrachter ist dabei „nur“ 45 Meter breit, bei einer Gesamtlänge von 216 Meter. Um die gewaltigen Torkonstruktionen auf einen Schlag zu transportieren, wurden die Großmodule gewissermaßen quer über den gewaltigen Laderaum gelegt und für den langen und durchaus gefahrvollen Seeweg von Asien nach Europa see- und sturmfest gestaut und gesichert.
Für den Transit von Südkorea nach Nordwesteuropa kalkulieren die Experten rund zwei Monate. Der Transport kann dabei in aller Ruhe erfolgen, denn das Bauvorhaben im Schleusekomplex Ijmuiden, als dem Ein- beziehungsweise Ausgang zum rund 21 Kilometer langen Nordseekanal ist zeitlich erheblich in Rückstand geraten. 2016 begannen die Arbeiten an diesem Großbauwerk, auf das die Amsterdamer Hafenwirtschaft über viele Jahre hinweg intensiv gedrängt hatte. Einmal fertiggestellt, wird es die größte Seeschleuse der Welt sein. Die Abmessungen lauten: eine 500 Meter lange Schleusenkammer, die 70 Meter breit und 18 Meter tief ist.
Die Baunotwendigkeit ergab sich zum einen, weil die vorhandenen Schleusen inzwischen in die Jahre gekommen sind. Zum anderen, weil auch die Schiffe immer größer werden und der Hafen künftig mehr operativen Gestaltungsspielraum bei den Schleusen reklamiert. Zu schmerzhaft erinnert man sich in Amsterdam daran, dass das vor der großen Schifffahrtskrise 2008/2009 gewonnene Containeraufkommen auch deshalb nicht wieder nach Amsterdam zurückehrte, weil die großen Boxcarrier sich um die Zuverlässigkeit des Schleusenkomplexes sorgten.
Nach den ursprünglichen Planungen sollte die neue Schleusenkammer bereits im kommenden Jahr ihrer Bestimmung übergeben werden. Vor wenigen Monaten musste das aus renommierten Unternehmen zusammengesetzte Baukonsortium jedoch einräumen: Der Zeitplan ist nicht mehr einzuhalten. Dafür sind mehrere Gründe verantwortlich. Aktuell ist die Rede von 2022. Dafür steht schon jetzt fest: Das Konsortium muss sich auf eine hohe Konventionalstrafe einstellen. EHA