Rickmers-Brüder schmieden Fusionsplan
Paukenschlag in der deutschen Reedereibranche. Die Rickmers Holding und E.R. Capital üben den Schulterschluss.
Die Unternehmen mit den beiden Rickmers-Brüdern Bertram und Erck an der Spitze prüfen „eine mögliche Zusammenlegung ihrer Shipmanagement-Bereiche Rickmers Maritime Services und E.R. Schiffahrt in einem international aufgestellten Gemeinschaftsunternehmen“, teilten beide Seiten am Donnerstag mit. Eine entsprechende Absichtserklärung haben beide Gesellschaften unterzeichnet. Der jetzt begonnene Prüfungsprozess werde einige Wochen in Anspruch nehmen, erklärte E.R. Capital auf THB-Nachfrage. Das neue Unternehmen werde rund 220 Schiffe bereedern, darunter 95 aus der gemanagten Flotte von E.R. Schiffahrt. Ein Sprecher der Rickmers Gruppe sagte dem THB, im geplanten Joint Venture wären beide Partner im Verhältnis 50:50 gleichberechtigt.
Beide Unternehmen spüren immer stärker die Folgen der Schifffahrtskrise. Die Rickmers Gruppe schrieb im zurückliegenden Geschäftsjahr einen dreistelligen Millionenverlust, nachdem 2014 noch ein leichtes Plus in den Büchern stand. Für 2016 erwartet Rickmers rückläufige Umsätze und ein „moderat bis deutlich unter dem Geschäftsjahr 2015 liegendes operatives Ergebnis“. Um sich in der angespannten Situation etwas Luft zu verschaffen, hat die Unternehmensführung mehrere Maßnahmen beschlossen: schlecht laufende Schiffe und problematische Unternehmensbeteiligungen abstoßen, „ausgewählte Bankdarlehen“ neu ausrichten und Kosten senken. Die Probleme spiegeln sich auch in der Rickmers-Anleihe 2013/18 wider. Ende November 2015 stand der Kurs noch bei 98,75 Prozent, in der vergangenen Woche fiel er auf ein Rekordtief von 32,25 Prozent.
Auch E.R. Capital steht weiterhin vor großen Herausforderungen, nicht zuletzt aufgrund von Schiffen, die in der Vergangenheit über geschlossene Fonds im Publikumsgeschäft finanziert worden waren. Ein aktuelles Beispiel ist der 55.783-tdw-Bulker E.R. Barcelona (IMO 9483217), für den in dieser Woche das vorläufige Insolvenzverfahren begann. Der Carrier ist Bestandteil der Bulkerflotte 1, emittiert von der E.R.-Tochter Nordcapital gegen Ende der Boomphase im Jahr 2008 mit einem Zeichnungsvolumen von rund 170 Millionen Dollar. Mit Hanjin und Korea Line waren fünfjährige Charterverträge vereinbart. Doch Anfang 2011 stellte sich Korea Line unter Gläubigerschutz. Die Marktbedingungen hatten sich seit Fondsemission deutlich verschlechtert, so dass die Bulkerflotte 1 mit den neuen Bedingungen zurechtkommen und mit frischem Kapital saniert werden musste.
Die Rickmers Gruppe war 2015 ins Bulker-Geschäft zurückgekehrt. Die Reederei Masterbulk mit Hauptsitz in Singapur ernannte Rickmers Shipmanagement zu ihrem primären Manager für Schiffe Dritter. „Es bringt uns bedeutende operative Vorteile und Einsparungen, ein Teil der von Rickmers gemanagten Flotte zu sein“, begründete Masterbulk-Chef Nick Fisher die Entscheidung, Rickmers das Management von 16 Massengutschiffen zu übertragen. Harper Petersen, an der Rickmers und Nordcapital mit jeweils 50 Prozent beteiligt sind, übernahm die exklusive Befrachtung aller 21 Bulker von E.R. Schiffahrt. Harper Petersen ist exklusiver Makler von E.R. Schiffahrt und der Reederei sparte der Rickmers Gruppe.
Unternehmen mit Tradition
Die maritime Wirtschaft in Deutschland spricht „rickmersch“, heißt es in internationalen Kreisen. Seit rund 180 Jahren ist Rickmers mit dem heimischen Schifffahrtsstandort tief verwurzelt. 1834 wurde in Bremerhaven der Grundstein für die Rickmers Werft gelegt. Rickmer Clasen Rickmers schuf damit die Basis für die bis heute andauernde Wirtschafts- und Familiengeschichte der Rickmers. Der gelernte Schiffbauer steigt neben der Schifffahrt auch in das Reishandelsgeschäft ein. Unter der Leitung der zweiten Rickmers-Generation entwickelt sich die Rickmers Reismühle in Bremen 1890 zu den größten Reisverarbeitungsbetrieben Europas. Der Einstieg in die Dampfschifffahrt, in das Asiengeschäft und den Liniendienst sind für die folgenden Generationen richtungsweisend. Aber auch Kriege und Neubeginn bestimmen das wirtschaftliche Handeln der Nachfolger.
Bertram und Erck Rickmers führen heute in fünfter Generation zwei bislang von einander unabhängige Unternehmensgruppen: Bertram Rickmers mit der Rickmers Gruppe, Erck Rickmers mit der E.R. Capital Holding.
Die Rickmers Gruppe als Containerschiffreederei und Anbieter von maritimen Dienstleistungen ist mit ihren Hauptbüros in Hamburg und Singapur in elf Ländern und mit rund 50 Vertriebsagenturen vertreten. Die Geschäftstätigkeit der Gruppe ist in Maritime Assets, Maritime Services und Rickmers-Linie gegliedert. Von den Fusionsplänen direkt betroffen ist der Geschäftsbereich Maritime Services. Hier erbringt die Gruppe Dienstleistungen im Schiffsmanagement für die eigenen Schiffe und Einheiten Dritter. Dazu zählen technisches und operatives Management, Crewing, Neubauüberwachung, Beratungsleistungen und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Versicherungen.
Die E.R. Capital Holding ist die Finanzholding verschiedener maritimer Dienstleister und Investitionsgesellschaften. Dazu gehören die Ship Management Gesellschaften E.R. Schiffahrt und E.R. Offshore, außerdem die Investitionsgesellschaft Nordcapital. Die 1992 in Hamburg gegründete Unternehmensgruppe beschäftigt nach eigenen Angaben rund 3500 Mitarbeiter an Land und auf See. E.R. Schiffahrt ist in der Container- und Massengutschifffahrt aktiv und disponiert derzeit rund 90 Schiffe in Fahrt.
Jetzt zwingt die Schifffahrtskrise zum Umdenken. „Ziel ist es, die Kräfte in einem von starkem Wettbewerb gekennzeichneten Markt zu bündeln, um den Ausbau des Bereederungsgeschäfts weiter voranzutreiben und die Leistungsfähigkeit der Angebote weiter zu steigern“, heißt es offiziell. Diese Marschroute gilt für die gesamte Branche. Zu Beginn dieser Woche teilte die Reederei Zeaborn mit, das Management von Frachtern der Unternehmen Hanse Capital (HC) und Carisbrooke Shipping zu übernehmen. Dadurch betreibt die Tochter der Bremer Zech Gruppe jetzt insgesamt 32 Mehrzweckfrachter und zwei Bulker, nachdem sich Zeaborn 2015 bereits an Ems Conbulk Charterung beteiligt hatte. Erst eine Flottengröße von mindestens 20 Schiffen ermögliche den Zugang zu Kunden und Kontraktladungen, sagte Burkhard Tesdorpf von der HC-Gruppe im Zusammenhang mit dem Zeaborn-Deal. fab