NVzHH: Krise eröffnet auch Chancen
Die Schifffahrtsbranche in Deutschland befindet sich weiterhin in schwierigem Fahrwasser.
„Der internationale Wettbewerb ist hart, und noch immer sind die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu spüren. Da eine schnelle Erholung nicht zu erwarten ist, sind weitere Maßnahmen erforderlich, damit Deutschland auch in Zukunft ein starker Schifffahrtsstandort bleibt.“ Das erklärten übereinstimmend der Maritime Koordinator Uwe Beckmeyer und Kapitän Christian Suhr, neuer Vorsitzender des Nautischen Vereins zu Hamburg (NVzHH).
„Dabei stellt sich die Frage, wer welchen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels leisten kann“, sagte Beckmeyer als Festredner beim traditionellen Schiffahrts-Essen 2016 des NVzHH mit über 350 Teilnehmern im Hamburger Hotel „Grand Elysée“. Zusammen mit der Branche habe die Politik im vergangenen Jahr wichtige Weichen gestellt, um die Position der deutschen Reedereien auf dem Weltmarkt zu sichern. „Eine zentrale Säule unserer Schifffahrtspolitik ist die Weiterentwicklung des „Maritimen Bündnisses für Ausbildung und Beschäftigung“, stellte Beckmeyer klar. Unter anderem mit der Aufstockung des Lohnsteuereinbehalts und der dauerhaften Befreiung der Schiffserlöspools von der Versicherungssteuer hätten Bund und Länder den maritimen Standort gezielt gestärkt. „Nun ist es an den Reedereien, ihren Beitrag zu leisten, denn das Maritime Bündnis ist ein Pakt auf Gegenseitigkeit“, betonte Beckmeyer und verwies dabei auch auf die ausstehende Einigung zwischen der Gewerkschaft ver.di und den Reedern über die Änderung der Schiffsbesetzungsverordnung.
„Die Probleme sind so vielschichtig, dass es leider kein Patentrezept gibt, diese zu lösen“, konstatierte Christian Suhr. Allerdings berge eine Krise nicht nur Risiken, sondern eröffne auch Chancen. Wer sich auf die Herausforderungen rechtzeitig einstelle, werde sich in einem schwierigen Marktumfeld besser behaupten können. Trotz der derzeit niedrigen Brennstoffpreise seien Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz der Handelsflotte unumgänglich. Auch die Aufhebung der Iran-Sanktionen könne für die Seeschifffahrt neue Perspektiven eröffnen. Geeignete Innovationsstrategien führten darüber hinaus zu einer Optimierung der Arbeitsprozesse und einer weiteren Verbesserung der Dienstleistungen. Hierfür seien jedoch qualifizierte, motivierte und loyale Mitarbeiter an Bord und an Land unabdingbar. Allerdings habe das 2003 ins Leben gerufene „Maritime Bündnis für Ausbildung und Beschäftigung in der Seeschifffahrt“ zwischen Regierung, Reedern und Gewerkschaften in den vergangenen Jahren Abnutzungserscheinungen gezeigt und das Ziel, die Ausbildung und Beschäftigung von deutschem Seepersonal in ausreichendem Umfang sicherzustellen, deutlich verfehlt. Einer der Gründe sei offensichtlich der Rückgang von Schiffen unter deutscher Flagge. Die Einrichtung „Stiftung Schifffahrtsstandort Deutschland“ habe den Negativtrend zwar etwas bremsen, aber nicht aufhalten können.
„Klare Kante gezeigt“
„Herr Beckmeyer hat klare Kante gezeigt“, lobte Dipl.-Ing. Petra Heinrich, Chefin der Jorker Reederei H.H. Shipping GmbH & Co. KG, dessen Bekenntnis zu maritimen Wirtschaft in ihrer launigen Kapitänsrede. Dabei berichtete die auch in zahlreichen Ehrenämtern engagierte und aus einer traditionsreichen Seefahrerfamilie stammende Reederin mit „Salzwasser im Blut“ humorvoll über ihre Erfahrungen, Erlebnisse und die Herausforderungen bei der Führung eines mittelständischen Schifffahrtsunternehmens mit drei bei Sietas gebauten Frachtern. Man betreibe alle Einheiten unter deutscher Flagge, bilde aus und sei den Forderungen der Banken nachgekommen, sich mit anderen Reedereien zusammenzuschließen, um den heutigen Anforderungen des Geldmarktes gerecht werden zu können.
„Wir benötigen höhere Einnahmen, für den Ostseeverkehr brauchen wir das Russlandgeschäft“, stellte sie zur aktuellen Situation fest. Da man an diesen globalen Bedingungen nur schwer etwas ändern könne, würden Schiffsgesellschaften und Reedereien weiter in die Insolvenz gehen. jeme/FBi