Neues Gutachten – Sorge um Schifffahrtsstandort Hamburg

Die Wertschöpfung der Seeschifffahrt in Hamburg hat sich in den vergangenen sieben Jahren kontinuierlich verringert.

„Das zeigt sich beispielhaft an den rückläufigen Beschäftigungszahlen in den Dienstleistungsbereichen. Unabhängig davon hat sich auch durch das gesunkene Niveau von Fracht- und Charterraten die Bemessungsgrundlage für viele der unverändert erbrachten Dienstleistungen reduziert. Das verstärkt den Kostendruck bei den beteiligten Akteuren der Seeschifffahrt“, heißt es weiter in einem am Mitwoch von Wirtschaftssenator Frank Horch vorgelegten Gutachten mit dem Titel „Schifffahrtsstandort Hamburg - Stärken, Herausforderungen und Zukunftspotenziale“. Auf 130 Seiten haben die Experten von Ernst & Young sowie dem Fraunhofer CML unter anderem wichtige Handlungsoptionen als Beitrag zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Schifffahrtsstandortes Hamburg aufgezeigt. Hintergrund der rund 148.000 Euro teuren Studie sind die geänderten Rahmenbedingungen und Sorgen der Marktteilnehmer infolge der bereits im achten Jahr andauernden Schifffahrtskrise.

Bei der detaillierten Analyse der Schifffahrt in Hamburg wurden dabei betrachtet: Reedereien, Schiffsmakler- und -agenten, Schiffsfinanzierer sowie schifffahrtsbezogene Dienstleister und Institutionen. Mehr als 23.550 Beschäftigte in 460 Unternehmen erwirtschaften geschätzte 4,1 Milliarden Euro Wertschöpfung. Vor allem die große Vielfalt und Dichte an Unternehmen und Institutionen in allen Teilbereichen der Seeschifffahrt kennzeichnen die Metropole. National ist Hamburg klar der stärkste Standort. Im internationalen Ranking steht die Hansestadt hinter Singapur auf Rang 2 vor Rotterdam und Oslo. Auf den weiteren Plätzen der Top 7 folgen Shanghai, London und Zypern.

Die Gutachter gehen davon aus, dass Hamburg seine Position als qualitativ hochwertiger Schifffahrtsstandort behaupten kann und identifizieren hierfür zentrale Herausforderungen und Handlungsfelder. Dazu zählen insbesondere Kapitalaufbringungsstrukturen von Reedereien. Zugleich sehen die Gutachter nach dem Wegfall des KG-Modells weiteren Handlungsbedarf für neue Wege zur Einwerbung von Eigenkapital und fordern hierzu zwingend privatwirtschaftliches Engagement.

Auch bei Forschung und Entwicklung, Personal, regionalen Rahmenbedingungen und Standortmarketing werden Ansatzpunkte gesehen, um Impulse zur Stärkung des Standorts zu geben. Insgesamt werden als Konsequenz aller Analysen 17 Maßnahmen vorgeschlagen. Dazu zählt auch die „Projektfinanzierung Schiffe“. Ziel der Maßnahme ist es, eine nicht börsennotierte Investitionsplattform zu schaffen, über die institutionelle Investoren (zum Beispiel Versicherungen) Eigenkapital bereitstellen können.

Alternativ könnte eine börsennotierte Aktiengesellschaft „Schifffahrts-AG Hamburg“ geschaffen werden, an der sich Investoren beteiligen. Die AG investiert in Joint-Venture-Unternehmen mit Hamburger Reedereien. Die Reedereien bringen in die jeweiligen Joint-Venture-Unternehmen zukunftsfähige Teile ihres Reedereibetriebes ein, während die börsennotierte Aktiengesellschaft Eigenkapital in die Joint-Venture-Unternehmen investiert, um die Anschaffung von Neubauten oder leistungsfähigen Bestandsschiffen zu ermöglichen.

Die Investoren würden sich über die AG nicht direkt an Schiffen, sondern an aktiven Reedereibetrieben beteiligen. Die Beteiligungshöhe von börsennotierter Aktiengesellschaft und Reedereien an den Joint-Venture-Unternehmen wäre jeweils individuell auszuhandeln.

Eine weitere Option im Bereich der Standortvermarktung bietet die Gründung einer seeschifffahrtsspezifischen Marketingorganisation wie zum Beispiel der „Seeschifffahrt Hamburg Marketing e.V.“ beziehungsweise die Angliederung einer seeschifffahrtsspezifischen Marketingorganisation an die Hafen Hamburg Marketing e.V. Die Marketingorganisation kann beispielsweise anhand der Einrichtung einer Interpräsenz unter anderem Informationen zu Veranstaltungen, Unternehmen, Ansprechpartnern, Jobs, Kennzahlen (zum Beispiel Leistungsindikator) und Neuigkeiten in der Seeschifffahrt zur Verfügung stellen.

Senator Horch: „Das Gutachten zeigt eindrucksvoll, wie stark und bedeutend die Schifffahrt in Hamburg ist. In die Erstellung des Gutachtens sind zentrale Akteure der Hamburger Schifffahrtsbranche einbezogen worden. Dieser fortlaufende Dialog ist uns wichtig. Zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Schifffahrtsstandortes Hamburg appelliere ich an alle Akteure, ihre vielfältigen Anstrengungen fortzuführen und sich intensiv für eine positive Entwicklung einzusetzen.“

Der Verband Deutscher Reeder (VDR) begrüßt die Studie. „Daraus ergeben sich wichtige Hinweise für eine maritime Strategie der Bundesregierung, um die Zukunftsfähigkeit des maritimen Standortes Deutschland zu sichern“, erklärte Ralf Nagel, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des VDR. Die Entwicklung und erfolgreiche Einführung von Innovationen in der Schifffahrt müsse besser unterstützt werden. Nur eine breite Förderung könne helfen, die Marktbarrieren zu überwinden. Wer mehr Schiffe unter deutscher Flagge will, müsse auch die Verwaltung vereinfachen: der eingeschlagene Kurs zu einer dienstleistungs- und serviceorientierten Flaggenstaatsverwaltung müsse konsequent fortgeführt werden.

Das Gutachten ist im Internet unter www.hamburg.de/bwvi verfügbar. FBi

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