Maritimes Bündnis nicht aufs Spiel setzen

So sehr sich auch das Land Schleswig-Holstein für eine starke deutsche Reedereiverkehrswirtschaft einsetzt: Die vom Bund auf den Weg gebrachte Neuausrichtung der Schiffsbesetzungsverordnung sieht Kiels Verkehrs- und Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) durchaus mit gemischten Gefühlen.

Das offenbarte Meyer am vergangenen Donnerstag auf den 2. ShortSeaShipping Days (SSD) in Lübeck (THB 24. Juni 2016). Demnach müssen ab dem ab 1. Juli auf Seeschiffen unter deutscher Flagge höchstens zwei EU-Bürger statt bislang vier als Inhaber eines nautischen oder technischen Patents beschäftigt werden. Die entsprechende Novelle der Schiffsbesetzungsverordnung ist Ende vergangener Woche vom Bund verkündet worden. Gänzlich gestrichen wurde die Vorgabe, auf größeren Schiffen einen Schiffsmechaniker zu beschäftigen. Dieser war – weil es die Ausbildung nur in Deutschland gibt – fast zwangsläufig EU-Bürger. Die Verordnung sieht ferner vor, dass der Kapitän – sofern er kein deutsches Patent hat – seine Kenntnisse der nationalen Vorschriften auch in einem Fernlehrgang erwerben kann.

Die Neuregelung ist bis zum 30. Juni 2021 befristet. Bundesregierung und Reederverband VDR erwarten sich von der Änderung eine Entlastung bei den Personalkosten für deutsch geflaggte Schiffe und hoffen, dass zusammen mit dem erhöhten Lohnsteuereinbehalt die Attraktivität der deutschen Flagge steigt. Die Gewerkschaft ver.di hingegen kritisiert, dass die Neuregelung faktisch das Aus für den Ausbildungsberuf des Schiffsmechanikers bedeutet und weitere deutsche Seeleute durch billigere Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Staaten ersetzt werden (THB 24. Juni 2016).

Verkehrsminister Meyer kritisierte vor den rund 360 Konferenzteilnehmern weiter, dass „die Schiffsbesetzungsverordnung (SchBesV) vereinbart wird, ohne das Maritime Bündnis und damit auch die Länder“ angemessen zu beteiligen. Meyer weiter: „Da müssen wir, glaube ich, nachsteuern.“ Ein Pro blem mit der SchBesV brachte der Minister auf diesen Punkt: Wenn jetzt die Zahl der EU-Offiziere auf deutschen Schiffen reduziert werde, „wenn der Schiffsmechaniker keine Pflicht mehr ist“, dann müsse man zum Beispiel in der Schleswig-Holsteinischen Seemannsschule in Lübeck-Travemünde, oder aber auch in anderen vergleichbaren Einrichtungen erklären, dass die Zukunftschancen der in Ausbildung befindlichen jungen Menschen doch nicht so gut seien wie zunächst dargestellt. Und das wiederum vor dem Hintergrund der aus allen möglichen Branchen zu vernehmenden Klage, wie schwierig es wird, Fachkräfte zu finden. Da passen Dinge nicht zusammen: Dass zum einen um mehr Schiffe unter deutscher Flagge geworben werde und dass andererseits nicht mehr so viele deutsche Seeleute benötigt werden.

Uwe Beckmeyer, Maritimer Koordinator der Bundesregierung, sorgte sich in seinem Vortrag unter anderem um den Zustand der deutschen Banken, die sich jahrelang aktiv und erfolgreich in die Schiffsfinanzierung eingebracht hätten, aber unter dem Eindruck der weltweiten Schifffahrtskrise diesem Segment den Rücken zukehrten. EHA/pk/roe

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