Fünf Säulen tragen heute die Buss-Gruppe

Das ist keine Selbstverständlichkeit für ein Unternehmen: Am 1. August besteht die weiterhin im Hamburger Hafen tief verwurzelte Buss-Gruppe seit 100 Jahren. 500 Mitarbeiter zählt das Unternehmen heute, das von insgesamt fünf starken Säulen getragen wird.

Auch nach 100 Jahren ist das maritime Unternehmen weiterhin inhabergeführt. Dr. Johann Killinger (60) steht seit 2001 an der Spitze der Firmengruppe, nachdem sich der promovierte Jurist bereits in den 1990er-Jahren über verschiedene Zwischenstationen immer intensiver in das Unternehmen hineinarbeiten konnte.

Zur „Ur-DNA“ der heute national und international operierenden Firmengruppe gehörte im Jahr 1920, und damit knapp zwei Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, das Stauerei-Geschäft. Es wurde seinerzeit durch Gerhard Buss gegründet, der im Hafen kurz und prägnant mit „Gerd“ angesprochen wurde. Bereits ein Jahr später trat auch sein Bruder Hinrich in die Firma ein, der als „Onkel Hinni“ im Unternehmen wie auch im Hafen zu einem Begriff wurde.

Das Stauerei-Geschäft dieser Zeit war vor allem mit harter körperlicher Arbeit verbunden, weil jede Umschlagtonne mit viel Körperkraft und nur begrenzter maschineller Kraftunterstützung, etwa durch Kai-Krane oder auch Bordgeschirr, bewegt werden musste. Zudem verlangte es von seinen Machern ein Höchstmaß an seemannschaftlichem Fachwissen. Container gab es nicht. Gebräuchlich waren dampfgetriebene Stückgutfrachter, die mühsam be- und entladen werden mussten. Die Ladung musste dabei optimal gesichert werden, damit sie sich während der Seereise nicht losschlug und Schiff und Crew gefährdete.

Diese Expertise brachten sowohl Gerd als auch sein Bruder Hinrich Buss mit. Der eine (Gerd) war vor seinem Dauer-Landgang als Offizier bei der Reederei OPDR zur See gefahren, die heute übrigens Teil der CMA CGM-Gesamt-Organisation ist. Hinrich war als gelernter Schiffsmakler in dieser Sparte der maritimen Wirtschaft bestens verankert.

Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939 konnte die Stauerei Buss ihre Geschäftsgrundlage kontinuierlich festigen und erweitern. Gerade in den 1930er-Jahren erlebte Hamburg ein solides Wachstum beim Güterumschlag und wurde in der Zeit weiter ausgebaut und modernisiert. Mit dem Kriegsausbruch änderte sich alles Mögliche, auch für den Stauereibetrieb. Als größter deutscher Seehafen, Werft- und Rüstungszentrum war Hamburg ab 1942 Ziel massivster Bombenangriffe und wurde bis 1945 in weiten Teilen zerstört und verwüstet – wie auch die Hansestadt.

Mit dem Wiederaufbau des geteilten Deutschlands nach 1945 musste auch wieder ein starker Hafen her. Firmen wie die Stauerei Gerd Buss profitierten davon. Das „Wirtschaftswunder“ strahlte auch positiv in diese Firma hinein. In den Folgejahrzehnten nach dem Krieg entwickelte sich das Unternehmen zu einem deutlich breiter aufgestellten maritimen Dienstleister mit eigenen Umschlaganlagen und vielem mehr in Hamburg. Die Containerisierung des Stückguttransports führte ab 1970 dazu, dass das Kerngeschäft von Buss obsolet wurde. Die Firma musste zwischen 1990 und 2005 viele Jahre ums Überleben kämpfen.

Und jetzt feiert der Betrieb seinen 100. Geburtstag. Für Johann Killinger ist dieser 1. August 2020 ein besonderer Tag. Eine gute Gelegenheit auch für ihn, so etwas wie eine Rückschau auf seine eigene, persönliche Leistungsbilanz vorzunehmen. „Wenn ich es ganz einfach formulieren soll, dann würde ich es auf dieses einfache Wort verdichten: geschafft. Das sage ich auch mit einer gewissen Dankbarkeit, denn wir hatten in der Gruppe immer wieder, zuletzt 2016 Krisen zu meistern“, berichtet Killinger im Gespräch mit dem THB.

In einem großen, gemeinsamen Kraftakt sei es dann aber doch gelungen, das Unternehmensschiff wieder auf Kurs, zurück in ruhigeres Fahrwasser zu bringen. Killinger in der Rückschau: „Wir haben die Firma immer wieder neu ausgerichtet. Das muss jedes Unternehmen, um zu überleben. Ein besonderer Fokus lag dabei auf den neuen Aktivitäten Logistikimmobilien, Dienstleistungen für die Offshore-Windenergie und Investments (Buss Capital). Damit haben wir nach meiner festen Überzeugung die Grundlage für ein weiteres Wachstum in den entsprechenden Geschäftsfeldern geschaffen.“

Die fünf tragenden Säulen der Firmen-Gruppe sind heute das Hafengeschäft, dass unter dem Brand „Buss Ports“ vereint ist, die Dienstleistungen zugunsten der Offshore- und Onshore-Windkraft-Industrie, kurz „Buss Energy“, klassische Investments zum Beispiel in Container-Ausrüstung („Buss Capital“), den Bereich Logistikimmobilien, die sich im Segment „Ixocon“ wieder finden und die verschiedenen Schifffahrtsaktivitäten. Bei letztgenanntem Bereich arbeitet die Gruppe seit 2016/2017 eng mit der Hamburger Reederei Leonhardt & Blumberg zusammen.

Für den Unternehmer Johann Killinger, einen überzeugten Mittelständler, sind grundsätzlich alle Geschäftsbereiche interessant, ja, auch spannend, und doch gibt es in diesem Quintett einen Bereich, der ihn besonders emotional fesselt: Das ist das Geschäft mit Logistikimmobilien. Denn seine Begründung fällt zeitlich zusammen mit der Übernahme von alleiniger unternehmerischer Verantwortung für die heutige Gruppe.

Das Startsignal für dieses Segment wurde mit dem Bau eines Logistikparks im Herzen des Hamburger Hafens gelegt, und zwar auf Steinwerder. Auf dem Gelände der vor mehr als 50 Jahren zusammengebrochenen, weltbekannten Stülckenwerft, direkt neben Blohm + Voss, entstand Anfang der 2000er-Jahre dieser Logistikpark. Heute grenzt er direkt an die großen Musical-Dauer-Einrichtungen, allen voran der bekannte „König der Löwen“. Killinger rückblickend: „Die Logistikimmobiliensparte ist heute eine der wichtigsten und auch wirtschaftlich sehr erfolgreichen Geschäftsbereiche unseres Unternehmens.“ Zu seiner persönlichen Leistungsbilanz gehörte daher, dass Johann Killinger das „Logistikimmobilien- und Logistikgeschäft im Jahr 2000 aus der Buss-Gruppe herauskaufen konnte“. Ein erfolgreicher teilweiser Weiterverkauf habe ihn in die Lage versetzt, „die Buss-Gruppe allein zu übernehmen und nach meinen Vorstellungen neu auszurichten“.

Das klassische Hafengeschäft („Buss Ports“) betrifft heute vor allem Standorte außerhalb Hamburgs. Auch hier weist die Ära Killinger für die zurückliegenden rund 20 Jahre gleich mehrere Stationen auf. Nicht alles, was in der Zeit neu entstand, hatte bis in die Gegenwart Bestand – aus unterschiedlichen Gründen. Für den Ur-Standort Hafen Hamburg brachte die Aufgabe und Einstellung des klassischen Umschlaggeschäfts im sogenannten „Mittleren Freihafen“ und damit die auch politisch forcierte Rückgabe von bislang genutzten Flächen für das operative Geschäft um 2009/2010 eine Zäsur mit sich. Dafür gab es eine entsprechende finanzielle Entschädigung durch die Stadt.

Heute findet sich „Buss Ports“ unter anderem erfolgreich im niederländischen Eemshaven, wo das Offshore-Windkraft-Geschäft prosperiert, oder auch in Sassnitz-Mukran auf der Insel Rügen. Dem Hamburger Hafen bleibt Killinger natürlich weiter eng verbunden, beurteilt die weitere Entwicklung von Deutschlands Universalhafen aber differenziert.

Zu den Wachstumsfeldern der von ihm geführten Gruppe zählt Johann Killinger vor allem das Geschäft rund um die „Erneuerbaren Energien“. Die Windkraft gehört dazu, doch es geht auch noch um viel mehr. Killinger: „Wir wollen in diesem Geschäftsfeld in den kommenden Jahren weiter wachsen, und zwar auch und gerade im Ausland. Und: Wir wollen uns in diesem Segment noch breiter aufstellen.“

Im Buss-Jubiläumsjahr 2020 hat die weltweite Corona-Pandemie auch in diesem inhabergeführten Unternehmen Spuren hinterlassen. Das schon 2019 vorgeplante große Kunden- und Mitarbeiter-Fest musste wegen Corona abgesagt werden. Im Schifffahrtsgeschäft ging es zeitweise hektisch zu, was Killinger zu der trockenen Anmerkung verleitet: „Hier sind wir aber sowieso schon Kummer gewohnt.“ Andere würden von einem „volatilen Markt“ an der Stelle sprechen. Vor allem die Charterraten für Containerfrachter gingen in den Keller, weil einfach die Ladung Corona-bedingt im Markt fehlte. Die anderen Bereiche der Gruppe hätten hingegen „geringere Einbußen“ zu verzeichnen. Killinger: „Ich bin Unternehmer aus Leidenschaft. Was wir derzeit alle gemeinsam erleben, ist historisch betrachtet schon etwas Besonderes. Wenn ich mir die lange Geschichte unserer Firma vor Augen führe, dann sage ich: Auch die Aufbau-Generation bei Buss hatte in der Zeit ihres Wirkens nicht nur die Sonne auf ihrer Seite, sondern wurde immer wieder gefordert. Ich bin sicher, dass auch wir für unser Unternehmen aus Corona einige interessante Impulse für die weitere Geschäftsentwicklung erhalten.“ EHA

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