Festmacher sind um Nachwuchs verlegen

Technik spart Muskelkraft: Bei Festma setzt man für den Transport von Gangways speziell dafür ausgerüstete Unimog-Fahrzeuge mit Erfolg ein, Fotos: Festma

Sicherer und routinierter Umgang mit Leinen: Auch das will gelernt sein


Sie sind zentraler Bestandteil jedes Hafens: die Festmacher, Schiffsbefestiger oder im Plattdeutschen auch die „Fastmokers“ genannt. Ohne sie kein sicheres An- oder Ablegen, kein reibungsloses Verholen von Schiffen von einem Liegeplatz zum anderen und vieles mehr.
Wer sich in früheren Jahren für eine Tätigkeit bei einem Festmacher entschieden hatte, der brachte in der Regel eines mit: praktische Borderfahrung, damit also berufsmäßig erlernte sicherer Umgang auch mit Leinen. Aufgrund der körperlichen Schwere der Arbeit – trotz eines forcierten Technikeinsatzes – ist die Zunft der Festmacher auch heute noch eine stark männerdominierte Tätigkeit. Matrosen etwa, die nach vielen Jahren Seefahrt wieder „an Land“ wollten, entschieden sich häufig und gern für einen Job in einem der verschiedenen Festmacherbetriebe in den deutschen Häfen.
Doch diese natürliche Personalquelle sprudelt heute längst nicht mehr so kraftvoll wie noch vor zehn Jahren. „Es fehlen uns Bewerber mit praktischer Borderfahrung, seien es gelernte Matrosen oder auch Schiffsmechaniker“, berichtet Andreas Dentler, Geschäftsführer der Firma Festma Vertäuungsgesellschaft mbH mit Sitz in Bremen. Hier befindet sich das administrative Zentrum. Das operative Geschehen erfolgt über eigene Niederlassungen in Bremen und in Bremerhaven. Aktuell könnte Festma, 1971 durch eine Handvoll Festmacher gegründet, zählt das mittelständische Unternehmen heute etwa 60 fest angestellte Fachkräfte. Damit nicht genug: Langjährige Mitarbeiter haben die Möglichkeit, Gesellschaftsanteile an der Firma zu erwerben. Bislang hat das Unternehmen 34 solche Mitgesellschafter, die sich damit auch ganz anders für den Betrieb einsetzen, als wären sie „nur“ Angestellte.
Der 54-jährige Dentler weiter: „Wir könnten heute aus dem Stand heraus fünf neue Mitarbeiter einstellen.“ Wie die meisten anderen Branchen in Deutschland gilt auch für das Festmacherwesen: Es fehlt das Fachpersonal auch aufgrund des demographischen Wandels. Die große Pensionierungswelle für diese maritimen Spezialisten wird in den kommenden fünf Jahren erwartet. Dentler weist darauf hin, dass Neueinsteiger, die über keine praktischen Borderfahrungen verführen, in seinem Unternehmen sehr sorgfältig eingearbeitet werden müssen. Das erfolgt nach einem sorgfältigen Ablaufplan, zunächst als reiner Begleiter eines kleinen, eingespielten Teams, dann mit immer neuen Aufgaben betraut. Die Faustformel besagt: 30 „Vertäungsvorgänge“ müssen es sein, bevor ein solcher Neueinsteiger einem Team fest zugeordnet sind. Dentler weiter: „Was sich bei uns besonders bewährt hat, ist auch der Generationenmix. Gerade die älteren Kollegen, die über reichlich Berufs- und Borderfahrung verfügen, können Berufseinsteiger, im Besonderen auch jüngere, sehr gut anlernen. Vor allem haben sie eines: die nötige Ruhe.“ Denn beim Festmachen eines Schiffes, ganz gleich welcher Größe, kann es beim An- oder Ablegen schon mal flott zugehen. Etwa, wenn die Besatzung an Bord eines Frachters wiederholt Probleme bei der Übergabe der Leinen hat, bei kräftigem Sturm oder anderen Einflussfaktoren. Der geschulte Blick für mögliche Gefahren, praktische Erfahrungen in der Wirkung von Wind und Wetter oder auch der sichere Umgang mit der Unterstützungstechnik. Da sind die älteren Kollegen unschlagbar. Dentler freut sich darüber, dass er neben seinen aktiven Mitarbeitern auch noch eine ganze Anzahl von Kollegen hat, die einmal für das Unternehmen gearbeitet haben, jedoch längst im verdienten Ruhestand sind. Das sind oftmals Mitarbeiter, die sich weiter der Seefahrt und dem Hafen besonders verbunden fühlen. Dentler: „Unser Ältester im Bunde, der immer wieder mal mit einspringt, ist übrigens 82 und immer noch topfit.“
Und auch das gibt es inzwischen: eine erste weibliche Mitarbeiterin. Lara Haase, so ihr Name, hat mit ihrem Einstieg bei der Festma – sie ist inzwischen auch bereits Mitgesellschafterin – schon zu besonderer medialer Bekanntheit gebracht: Funk und Fernsehen gehörten ebenso zu ihren Gesprächspartner wie auch die Printmedien. Denn: Es ist immer noch eher die Ausnahme, dass Frauen es auch mit armdicken Trossen und rustikalen Männern aufnehmen wollen. Doch Lara Haase steht ihre Frau und genießt höchste Anerkennung, weil sie’s fachlich und auch menschlich bestens drauf hat.
Der sich abzeichnende Nachwuchsengpass in der Festmacher-Zunft schreit eigentlich nach einem eigenen Berufsbild. Doch dieser Traum bleibt wohl bis auf weiteres unerfüllt, berichtet Dentler. Es habe in den zurückliegenden Jahren zumindest auf Bremen bezogen verschiedene Ansätze gegeben. „Aber die führten dann leider doch nicht zu einem konkreten Ansatz“, erzählt er. So war zum Beispiel daran gedacht worden, die Festmacher-Neueinsteiger durch mehrere Firmen und damit auch unterschiedlichen Segmente der maritimen Wirtschaft laufen zu lassen. Das mit dem konkreten Hintergrund, den mit dem Bordalltag nicht vertrauten Anfängern die unterschiedlichen Facetten der maritimen Wirtschaft für sie erlebbar zu machen.
Die Idee von einem eigenen Berufsbild hatte auch die Dachorganisation der Festmacher erreicht, den „Verband Deutscher Festmacherbetriebe e. V.“ (VDF). Dentler kann sich gut vorstellen, dass das Thema „eigenes Berufsbild“ vielleicht noch einmal auf den Tisch kommen könnte, wenn es häfenübergreifend angegangen wird. Denn: Alle Verbandsmitglieder müssen sich mit der Nachwachsfrage beschäftigen, der eine früher, der andere später.
Auch wenn der Beruf weiterhin mit besonderem Krafteinsatz einhergeht. Die Unterstützungstechnik gezielt einzusetzen und sicher zu beherrschen, gehört auch dazu. Bei Festma, das Festmacherdienstleistungen rund um die Uhr und ganzjährige anbietet und ausführt, hat man sehr frühzeitig solche Technik mit konzipiert und setzt sie ein. In dem mittelständischen Unternehmen schwört man auf den unverwüstlichen, vielseitig einsetzbaren Unimog aus dem Hause Mercedes-Benz. Mit diesen Fahrzeugen werden zum Beispiele Gangways direkt zum Schiff herangeführt und auch wieder abgeholt. Die vierrädrigen Kraftprotze sind mit eigenen Winden ausgerüstet, so dass die schweren Leinen sicher aufgenommen werden und auch sicher auf die Poller belegt werden können. Jeder dieser Winden bringt es auf bis zu 1,5 Tonnen Zugkraft. Das kann sich sehen lassen. Für die Festmacher, davon ist Dentler überzeugt, wird es immer Arbeit geben. Übers Jahr gesehen sind etwa 6000 Schiffe zu betreuen. Damit das sicher und professionell über die Bühne geht, sind die Festmacher unverzichtbar. EHA/dpa