Corona zum Trotz: „Buten un binnen – wagen un winnen“

Wer die Hansestadt Bremen besucht, kommt an ihrem stilvollen Rathausplatz nicht vorbei. Wer diesen Platz beschreitet, holt tief Luft und ist begeistert. Es gibt wahrlich viel zu sehen: das zum Unesco-Kulturerbe zählende charakterstarke Rathaus, den wachenden „Roland“ oder auch das markante „Haus Schütting“, zugleich Sitz der Handelskammer zu Bremen seit 1849. Es ist damit das (!) Gebäude der Bremer Kaufmannschaft.

Über dem Haupteingang steht dieser in niederdeutscher Sprache abgefasste Satz, der zugleich ein Bekenntnis ist: „Buten un binnen – wagen un winnen“. Frei übersetzt heißt das: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“ Es ist das starke Leitmotiv der hanseatischen Kaufleute. Der Satz hat zeitlos Gültigkeit. Denn natürlich geht es jeden Tag, nicht nur im Beruf, sondern auch im Privaten, um „wagen un winnen“.

In der maritimen Wirtschaft kündigten in diesen Tagen verschiedene Kreuzfahrtreedereien an, in Kürze auf den „Reset“-Knopf für ihr Geschäft zu drücken. Seit März dieses Jahres kam diese Industrie zunächst schrittweise, dann jedoch mit einer geradezu unvorstellbaren Dynamik zum Erliegen. Die Corona-Pandemie wirkte wie der Einschlag eines gewaltigen Meteoriten. Über 400 Schiffe liegen weltweit beschäftigungslos in den Häfen. Hunderttausende Bordmitarbeiter wurden quasi über Nacht arbeitslos und vieles mehr.

Seit Mai hatte es wiederholte Ankündigungen verschiedener Firmen aus der Cruise-Industrie für einen Neustart gegeben. Signale, auf die neben den Reedereien auch die Häfen, die maritime Dienstleistungsindustrie, die Werften und Zulieferer und viele mehr sehnsüchtig warteten und hofften. Inzwischen wissen wir: Das war noch zu früh.

Doch jetzt soll es nun soweit sein, soll der Neustart gelingen. Namhafte Unternehmen wie Aida, Costa, Tui Cruises oder auch Hurtigruten kündigen einen Neubeginn für die Monate Juli und August an. Der Branchenverband Clia hat in den zurückliegenden Wochen so etwas wie ein Cruise-Konzept in Corona-Zeiten entwickelt, das in drei Phasen umgesetzt werden soll. Es geht auch hier um „wagen un winnen“.

Um „Mut“ und „Wagnis“ geht es ebenfalls bei der mittelständischen Fassmer-Werft aus dem niedersächsischen Berne an der Weser. Auch diesen Traditionsbetrieb trifft Corona. So konstruiert und baut das Unternehmen unter anderem moderne Tender – und Rettungsboote für die Kreuzfahrtschiffe, die dann auf den klassischen „Großwerften“ zusammengeschweißt werden. Doch werden wirklich alle der vor Corna „gefixten“ Cruise-Neubauprojekte in den kommenden Jahren tatsächlich verwirklicht? Niemand weiß das im Moment.

Die Fassmer-Werft, die schon in der Vergangenheit erfolgreich zahlreiche „graue Schiffe“ für die verschiedenen Marinen auf dieser Welt baute und weiterhin baut, will den Bereich „Defence“ in den kommenden Jahren weiter stärken, weil sie an dieses Segment glaubt. Das Unternehmen hat für diesen Spezialmarkt verschiedene Referenzprodukte bereits vorliegen beziehungsweise neue Konzepte entwickelt, die jetzt auf eine Umsetzung warten. Es geht vor allem um Fahrzeuge, die im sogenannten „Küstenvorfeld“ benötigt werden, etwa zum Fischereischutz, aber auch zur Überwachung der eigenen Hoheitsgewässer und so weiter. Es ist ein Markt mit viel Potenzial, auch, weil derzeit viel alte und damit veraltete Tonnage im Markt ist. Zugleich bleibt das inhabergeführte Familienunternehmen seiner Linie treu: Es setzt auf Spezialschiffbau, nicht auf Massenware. Es bietet Plattformen, die auf der Grundlage eines Standardkonzeptes im Bedarfsfall schnell erlauben, auf die individuellen Anforderungen der Kunden einzugehen. „Buten un binnen – wagen un winnen.“

Und noch einer setzt ganz auf das „Wagen un Winnen“: die EU-Kommission. Sie stellte jetzt ihre neue „Wasserstoffstrategie“ für die Gemeinschaft der 27 vor. Es ist der Energieträger, von dem die Experten überzeugt sind, dass dieser „Stoff“ den großen Schritt hin zu einer (fast) emissionsfreien Schifffahrt ermöglicht. Es ist ein sehr ambitioniertes Programm, das inzwischen auch durch viele flankierende Aktionsprogramme der einzelnen Mitgliedsstaaten ergänzt wird. Allen gemein ist, dass es noch Visionen sind. Die Bremer Kaufleute habe es ja schon immer gewusst: Es geht um „Buten un binnen – wagen un winnen“.

Ihre Meinung zum Beitrag: <link>eckhard.arndt@thb.info

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