„Handelsschiffe nicht für Rettung geeignet“

Die Handelsschifffahrtsorganisation International Chamber of Shipping (ICS) hat sich zutiefst besorgt darüber geäußert, dass im Mittelmeer gerettete Migranten die Kontrolle über Schiffe übernehmen, um eine Rückführung in ihr Heimatland zu verhindern.

Anlass ist der Fall des Tankers „El Hiblu 1“, der von einem Militärflugzeug angewiesen worden war, 108 Menschen aus Seenot zu retten und nach Tripolis zu bringen. Dorthin sollte das Schiff ohnehin fahren. Die Schiffbrüchigen wollten jedoch nicht nach Libyen zurück, sondern nach Europa (thb.info 28. März 2019).

Nach Angaben des Kapitäns des türkischen Tankers zwangen die Migranten ihn und seine Crew den Kurs zu ändern und Richtung Norden zu fahren. Inzwischen hat die maltesische Armee die Kontrolle über den Tanker übernommen und eskortiert ihn nach Malta. Dort soll die örtliche Polizei den genauen Tathergang ermitteln.

„Es ist genau das eingetreten, was wir seit der Wende in der italienischen Flüchtlingspolitik befürchtet haben“, sagte ICS-Generalsekretär Guy Patten. Weil es keine Sicherheit mehr gebe, dass die Migranten rasch und an einem vorhersehbaren Ort an Land gebracht werden können, wächst die Gefahr von Konflikten zwischen Besatzungen und Geretteten und damit das Risiko einer Kontrollübernahme an Bord. Die ICS werde den Vorgang bei der IMO in London zur Sprache bringen, so Patten.

Christian Denso, Sprecher des Verbands Deutscher Reeder (VDR). betonte, dass Handelsschiffe nun in die Mühlen einer „verfehlten EU-Politik“ geraten würden. „Handelsschiffe sind nicht für die Rettung geeignet“, sagte Denso. Der jetzige Fall sei jedoch speziell. Es sei nicht davon auszugehen, „dass so was nun alle zwei Wochen“ passieren werde.

Das Mittelmeer ist eine der wichtigsten Handelsrouten. Dort sehen sich die Reeder nun jedoch vor eine schwierige Herausforderung gestellt: Retten sie Migranten, können sie selbst in Schwierigkeiten geraten. Nach internationalem Recht sind Schiffsbesatzungen aber zur Seenotrettung verpflichtet. jpn/dpa/bek

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