Größere Schiffe erhöhen Risiken auf See

Der Drang nach Größe in der Containerschifffahrt gibt Versicherungen zu denken. Die Allianz geht davon aus, dass sich der Trend zu immer größeren Kapazitäten weiter fortsetzt, so dass bald mit Schiffen mit einer Kapazität von bis zu 22 000 TEU zu rechnen ist.

„Größere Schiffe bedeuten auch potenziell größere Schäden“, warnt Sven Gerhard, Global Product Leader Hull & Marine Liabilities von Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS). Die Branche sollte sich für die Zukunft auf Großschäden von mehr als einer Milliarde Dollar einstellen, insbesondere wenn große Containerschiffe oder Offshoreanlagen beteiligt sind. Das maximale Risiko betreffe dabei nicht nur die Schäden an Schiff und Fracht, sondern könne auch Umweltprobleme oder Betriebsunterbrechungen umfassen. Grundsätzlich stelle sich die Frage, ob nach einer Kapazitätssteigerung von mehr als 80 Prozent innerhalb von zehn Jahren das Risikomanagement nicht neu überdacht werden müsse. Für die Megaliner sieht Gerhard insbesondere das Problem, dass sie nur wenige Tiefwasserhäfen ansteuern können. Das bedeute eine Konzentration der Risiken. Außerdem bestehe weltweit ein Mangel an qualifizierten Fachkräften für ihre Steuerung.

Die Bergung von verunglückten Schiffsriesen sei ebenfalls eine Herausforderung. „Die Schifffahrtsindustrie sollte lange und gründlich nachdenken, bevor sie den Sprung zur nächstgrößeren Schiffsgröße wagt“, rät Kapitän Rahul Khanna, Global Head of Marine Risk Consulting, AGCS.

Cyber-Risiken sind eine weitere neue Gefahr für die Schifffahrtsindustrie, die stark vernetzt ist und in ihrem Betrieb zunehmend auf Automatisierung setzt. „Cyber-Risiken mögen in dieser Branche noch ganz am Anfang stehen. Künftig könnten Schiffe und Häfen jedoch zu verlockenden Zielen für Hacker werden. Unternehmen müssen mögliche Szenarien simulieren und geeignete Maßnahmen zur Risikominderung identifizieren“, sagt Khanna. „Ein Cyber-Angriff auf die Technik an Bord, insbesondere auf die elektronischen Navigationssysteme, könnte zu einem Totalverlust führen oder sogar mehrere Schiffe einer Reederei betreffen“, so Gerhard.

Immerhin: Der langfristige Abwärtstrend bei den Schiffsverlusten hat sich 2014 mit 75 gemeldeten Großschäden weltweit fortgesetzt. Damit war das vergangene Jahr das sicherste Jahr für die Schifffahrt seit zehn Jahren, lautet das Ergebnis einer gestern veröffentlichten Studie von AGCS unter dem Titel „Safety and Shipping Review 2015“.

Die Studie analysiert die gemeldeten Schäden bei Schiffen von mehr als 100 Bruttoregistertonnen. Die Totalverluste gingen im Vergleich zum Vorjahr um 32 Prozent zurück und lagen deutlich unter dem Durchschnittswert der vergangenen zehn Jahre. Seit 2005 sind die weltweiten Schiffsverluste um mehr als 50 Prozent gesunken. Dem Bericht zufolge konzentrierten sich mehr als ein Drittel der Totalverluste 2014 auf zwei Regionen: zum einen auf die Meere um Südchina, Indochina, Indonesien und die Philippinen, zum anderen auf die Gewässer Japans, Koreas und Nordchinas. Auf Fracht- und Fischereischiffe entfielen zusammen mehr als 50 Prozent aller Verluste.

Weltweit wurden im vergangenen Jahr insgesamt 2772 Schiffsunglücke gemeldet. 490 Vorfälle ereigneten sich allein in den Gebieten östliches Mittelmeer und Schwarzes Meer. Die Britischen Inseln, die Nordsee, der Ärmelkanal und der Golf von Biskaya kamen zusammen auf 465 Schiffsunglücke – im Schnitt der vergangenen zehn Jahre wurden dort die meisten Unfälle registriert.

In der Passagierschifffahrt haben aktuelle Fährunglücke wie die der „Sewol“ und der „Norman Atlantic“ erneut erhebliche Bedenken ausgelöst. „Die beiden Fährunglücke decken besorgniserregende Defizite bei der Notfallvorbereitung der Besatzungen von Autofähren und Passagierschiffen auf“, so Gerhard. Den generellen Trend zu kleineren Besatzungen beurteilt die Studie mit Blick auf die Sicherheit eher kritisch. fab

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