Gefahr durch Munition auf Meeresgrund (+ Bildergalerie)

Weltkriegsmunition auf dem Meeresgrund bedeuten eine ständige Gefahr, die jahrzehntelang ignoriert wurde. Jetzt hofft Kiels Umweltminister auf eine Wende. Robotertechnik soll Abhilfe schaffen.

Mindestens 1,6 Millionen Tonnen Munition allein in deutschen Küstengewässern und vielleicht das Zehnfache auf dem Meeresboden in ganz Europa sind eine bisher unbewältigte Altlast zweier Weltkriege. „Das ist ein titanisches Problem“, sagte der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck (Grüne) jetzt in Kiel. Er hat ein Projekt vorgestellt, das aus seiner Sicht einen Wendepunkt beim Umgang mit den am Meeresgrund verrottenden gefährlichen Minen und Torpedos bringen kann: In Zukunft soll die Munition mithilfe eines Roboters vollautomatisch geborgen, unschädlich gemacht und umweltgerecht entsorgt werden (THB 6. Januar 2016).

Das Konzept sieht vor, nach der Bergung etwa einer Mine durch den Roboter den Sprengstoff zu verflüssigen und auf einer schwimmenden Plattform zu verbrennen. Von der Munition bliebe nur Schrott übrig. Gefährliche Tauchereinsätze und Sprengungen könnten vermieden werden. Damit würden auch Schweinswale und andere Meeresbewohner geschont, die unter den von Sprengungen verursachten Schallwellen leiden.

Einen Prototypen kündigte die maßgeblich am Projekt beteiligte Hamburger Firma Heinrich Hirdes EOD Services GmbH für 2017 an. Dann soll die Funktionsfähigkeit an Minen-Dummies in einem Testbecken in Husum erprobt werden. Die auf die Kampfmittelräumung im Meer spezialisierte Firma hofft auf eine dramatische Kostensenkung, wie der technische Direktor Jan Kölbel sagte. Bisher koste es rund 60.000 Euro, eine einzige Mine am Tag zu sprengen. Die Robotertechnik soll es auch ermöglichen, nicht nur bei Tageslicht zu arbeiten, sondern 24 Stunden am Tag.

Nach Jahrzehnten der Ignoranz werde das Problem der Munitions-Altlasten im Meer mittlerweile endlich zur Kenntnis genommen, sagte Habeck. Häufig sei aber geltend gemacht worden, es gebe keine wirtschaftliche Lösung. Dies könne sich mit einem Erfolg des auf drei Jahre angelegten Projektes ändern, das vom Bundeswirtschaftsministerium mit rund 3,2 Millionen Euro gefördert wird. Die Firma Hirdes, die mit der Beseitigung von Munition zum Beispiel vor dem Bau von Windparks im Meer viel Erfahrung hat, investierte ebenfalls rund drei Millionen Euro.

Wann die geplante neue Technik für die Praxis verfügbar sein wird, ist noch offen. Ebenso unklar ist, in welchem Umfang sie tatsächlich zum Einsatz kommen wird. Das hängt davon ab, welche Priorität der Bund der Beseitigung der Altlasten im Meer gibt und wie viel Geld er dafür bereitstellen wird. „Jahrzehntelang wurde dieses Kriegserbe im Prinzip quasi nur verwaltet und im wahrsten Sinne des Wortes liegen gelassen“, so Habeck. Das Roboter-Projekt, an dem auch das Fraunhofer-Institut und die Uni Leipzig beteiligt sind, könne einen Paradigmenwechsel bedeuten.

Allein in der Kieler Bucht liegen auf dem Meeresboden Tausende Minen; nur ein Bruchteil wurde beseitigt. Erst im vergangenen Jahr mussten Taucher wieder Weltkriegsmunition aus dem Schifffahrtsweg räumen. Er habe großen Re spekt vor dieser Leistung, sagte Habeck. lno/FBi

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