Abtauchen vor der Realität, nein danke!
Die Grimaldi und die Havarie der „Grande America“. Es ist nicht das erste Mal, dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit die berühmten Welten liegen.
Nehmen wir die italienische Reederei-Gruppe Grimaldi mit Sitz in Neapel und ihren Umgang mit der aktuellen Havarie des 22 Jahre alten ConRo-Frachters „Grande America“ auf dem Atlantik. Wir besuchen die schicke Homepage der Reederei und lesen erstaunt unter der Rubrik „Our Mission“: Es ist von „sozialer Verantwortung“ ebenso die Rede wie vom Eintreten für eine im Hinblick auf den Umweltschutz in jeder Weise „nachhaltige Transport“-Philosophie. So weit, so gut. Doch dann das: An Bord des Frachters bricht mitten in der Nacht vom 10. auf den 11. März ein Feuer aus. Schon die ersten Fotos bei noch schwachem Tageslicht lassen in der Sache nichts Gutes erahnen. Die Nachrichtenquellen sprudeln reichlich, allen voran seitens der französischen Marine und der maritimen Sicherheitsbehörden. So erfährt die Welt vom Überlebenskampf des Schiffes, der am Ende verloren geht. Nur einer schweigt in diesen Stunden beharrlich: die Reederei Grimaldi mit Sitz in Neapel.
Erst am frühen Abend des 12. März 2019 und damit fast fünf Stunden nach dem Untergang des Frachters kommt ein knappes Bulletin. Viel zu spät, um es noch ernst nehmen zu können. Das im Zeitalter von Echtzeitberichterstattung rund um die Uhr. Einfach unfassbar und zugleich unverantwortlich.
Mit einer solchen Haltung einer einzelnen Reederei wird das Ansehen einer ganzen Branche, der Reederschaft, beschädigt. Umweltschützer bekommen wertvolle Zuarbeit: „Da haben wir’s. Die Reeder erzählen was von Umweltschutz. Doch die Realität sieht anders aus.“
Es ist fatal, dass das Verhalten der Grimaldi-Gruppe sich nahtlos an das Krisenmanagement der Reederei MSC anschließt. Als deren Megafrachter „MSC Zoe“ Anfang Januar in der Nordsee bei einem schweren Sturm am Ende fast 350 Container verlor, brauchte auch diese Reederei zwei Tage, um die Öffentlichkeit über die Havarie zu informieren. Viel zu spät.
Dass es auch anders und vor allem richtig geht, zeigen diese Beispiele aus der Schifffahrt: Als ebenfalls im Januar an Bord des Containerfrachters „Yantian Express“ der Hapag-Lloyd ein Teil der Decksladung Feuer fing, informierte die Reederei unverzüglich die Öffentlichkeit. Gleiches erfolgte im März 2018 beim Branchenführer Maersk und dem Großfeuer an Bord der „Maersk Honam“ im Indischen Ozean.
Beide Unternehmen bewiesen durch ihr Vorgehen ein hohes Maß an Verantwortung für den maritimen Umweltschutz, aber auch gegenüber der Öffentlichkeit. Wir lernen: Abtauchen vor der Realität oder gar „Verschleiern“ gilt nicht. Transparenz ist gefordert, ganz gleich, an welchem Ort auf dieser Welt.