Abschied von Seenotrettungskreuzer

Goodbye, „Hermann Helms“!

Der zuverlässige Seenotrettungskreuzer wird außer Dienst gestellt. Die öffentliche Taufe des Nachfolgers findet am 10. Juni im Cuxhavener Fährhafen statt. Damit geht auf einer der einsatzreichsten Stationen der Seenotretter an Nord- und Ostsee eine Ära zu Ende: 32 Jahre lang sorgte die „Hermann Helms“ für Sicherheit in der viel befahrenen Elbmündung. Nun stationiert die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) einen modernen Nachfolger an einer der am stärksten frequentierten Seeschifffahrtsstraßen der Welt mit rund 100.000 Schiffsbewegungen pro Jahr. Noch trägt der 28-Meter-Neubau lediglich eine Nummer: SK 37. Zwei zusammen fast 4000 PS starke Maschinen werden den äußerst seetüchtigen Selbstaufrichter auf 24 Knoten beschleunigen. An Bord sind modernste Kommunikations- und Navigationsmittel, Feuerlösch- und Fremdlenzeinrichtungen.

In der gezeitengeprägten, navigatorisch anspruchsvollen Elbmündung treffen sich die Verkehre nach Hamburg und zum Nord-Ostsee-Kanal. Das Scharhörnriff und die Untiefe Großer Vogelsand sind seit alters her bekannt als Schiffsfriedhöfe. Aus dem Mahlsand der Nordsee konnten viele Schiffe nicht mehr befreit werden. Noch heute sind einige Wracks sichtbar und künden als stumme Mahnmale von den Gefahren.

Das Einsatzspektrum der Cuxhavener Seenotretter ist breit gefächert: Es umfasst alle denkbaren Notfälle auf See – vom Ozeanriesen bis zum Wattwanderer. Über 2500 Einsätze und mehrere tausend Kontrollfahrten legte die „Hermann Helms“ seit ihrer Indienststellung 1985 zurück. Gemessen an den gefahrenen Seemeilen umrundete sie zweimal die Erde.

Vormann Holger Wolpers und seine acht fest angestellten Kollegen sind Jahr für Jahr zwischen 80- und 100-mal im Einsatz. Jeweils vier Mann sind in vierzehntägigen Törns an Bord, außerdem gehören neun Freiwillige zur Station.

Cuxhaven gehört zu den ältesten Stationen der Seenotretter. Bereits 1866 gab es dort das erste Ruderrettungsboot. Stets sicherten besonders leistungsfähige Rettungseinheiten die Elbmündung, darunter ab 1914 eines der ersten deutschen Motorrettungsboote, die „Carl Laeisz“, später das Doppelschrauben-Motorrettungsboot „Richard C. Krogmann“ sowie schließlich die Seenotrettungskreuzer „Ruhr-Stahl“, „Arwed Emminghaus“, „Hermann Helms“ und nun SK 37.

Der endgültige Name von SK 37 wird erst bei der Taufe um 15 Uhr bekannt gegeben. Dazu werden Hunderte Zuschauer, Freunde und Förderer erwartet. Das Rahmenprogramm beginnt um 11 Uhr. Es ist zugleich die Gelegenheit, Abschied zu nehmen von einem der bekanntesten Seenotrettungskreuzer. Anschließend wird die „Hermann Helms“ verkauft.

Aus dem Logbuch der „Hermann Helms“

4. Januar 1986:

Innerhalb von zehn Tagen kommt es auf der Unterelbe vor Cuxhaven zu drei Kollisionen. Unter anderem stoßen im dichten Nebel die Frachter „Beatrines“ und „Orange Coral“ zusammen. Die vierköpfige Besatzung der „Beatrines“ schafft es gerade noch in die Rettungsinsel: Binnen zwei Minuten nach der Kollision sinkt das Küstenmotorschiff. Die „Hermann Helms“ rettet die Schiffbrüchigen.

18. Oktober 1987:

Mehr als zwölf Stunden lang sind die „Hermann Helms“ und die „Wilhelm Kaisen“ für den brennenden Frachter „Cometa“ im Einsatz. Die „Cometa“ hat Feuerwerkskörper und Styropor geladen. Die Rettungskreuzer kühlen die Bordwand und bringen Feuerwehrleute an Bord. Schlepper nehmen die „Cometa“ zur Brandbekämpfung in einem Hafen auf den Haken.

8./9. November 1989:

Während in Berlin Weltgeschichte geschrieben wird, stoßen auf der Nordsee die England-Fähre „Hamburg“ und der Containerfrachter „Nordic Stream“ zusammen. Drei Menschen kommen ums Leben. Die Seenotleitung Bremen koordiniert den Einsatz von SAR-Hubschraubern, die 20 Verletzte ausfliegen. Die „Hermann Helms“ leuchtet den Unfallort aus und begleitet die schwer beschädigte Fähre nach Bremerhaven.

16. Dezember 1991:

Seewärts laufend kollidieren auf der Unterelbe der Frachter „Merlin“ und der Tanker „Esso Parentis“. Neun Schiffbrüchige gehen von Bord. Fünf nimmt die „Hermann Helms“ aus einem Rettungsfloß auf, die anderen vier übernehmen die Seenotkräfte von dem Tanker, der sofort Rettungsmaßnahmen ergriffen hatte. Die „Merlin“ hat schwere Schlagseite. Die „Hermann Helms“ begleitet sie am Haken eines Schleppers nach Cuxhaven.

1. September 1995:

In der Elbmündung gerät das Küstenmotorschiff „Swantje“ in Brand. An Bord sind der Kapitän, ein Decksmann und zwei Bordhunde. Der Getreidefrachter droht auf den Großen Vogelsand zu treiben. Bei starkem Seegang wird die Besatzung abgeborgen. Gemeinsam mit der „Wilhelm Kaisen“ kühlt die „Hermann Helms“ den Rumpf und bewahrt so die wertvolle Ladung vor größerem Schaden. Aufbauten und Maschinenraum brennen aus.

14. November 1996:

Wassereinbruch auf dem Küstenmotorschiff „Mathias“ unweit des Großen Vogelsandes. Als die „Hermann Helms“ am Unfallort eintrifft, schwimmen nur noch Wrackteile, Lukendeckel und Leinen auf dem Wasser. Der Kapitän der „Mathias“ klammert sich im acht Grad kalten Nordseewasser am Tampen eines Fischkutters fest, das Tochterboot „Biene“ rettet ihn. Die stundenlange Suche nach dem zweiten Mann der „Mathias“ bleibt erfolglos.

27. Mai 2000:

Ein Fischkutter hat so starken Wassereinbruch erlitten, dass Aufbauten und Rumpf innerhalb kürzester Zeit unter Wasser liegen. Den Fischern gelingt es noch, über Funk einen Notruf abzusetzen, bevor sie sich nur noch am nassen und kalten Steven ihres Kutters festhalten und auf Rettung warten können. Nur noch die Bugspitze ragt aus dem Wasser, als die „Hermann Helms“ die beiden Fischer von ihrem sinkenden Kutter rettet.

9. November 2006:

Bei einem der schwersten Schiffsunglücke der vergangenen Jahre in der Nordsee sinkt der Fischkutter „Hohe Weg“ 16 Seemeilen südlich von Helgoland nahe der Untiefe „Nordergründe“. Die vierköpfige Besatzung kommt bei stürmischem Westwind mit acht Beaufort (über 70 km/h) und starkem Seegang ums Leben. Fünf Seenotrettungskreuzer suchen den Kutter. Die „Hermann Helms“ findet seine automatische Seenotfunkboje. Tage später ortet ein Wracksuchschiff die gesunkene „Hohe Weg“. FBi

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