Streik: Wirtschaft wirft der GDL Realitätsverlust vor

Der längste Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn (DB) hat am Montagnachmittag begonnen und wird voraussichtlich am kommenden Sonntag enden.

Massiv betroffen von diesem achten Arbeitskampf in Folge, den die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ausgerufen hat, ist auch die deutsche Wirtschaft – und dabei nicht zuletzt die Seehafenverkehrswirtschaft. Zwar haben sich im Seehafenhinterlandverkehr der deutschen Häfen seit der Liberalisierung des europäischen Schienengüterverkehrsmarktes 1994 zahlreiche private Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) mit entsprechenden Zugleistungs-Dienstleistungen (Traktion) etabliert. Diese Schienenoperateure sind nicht direkt von den GDL-Aktionen betroffen. Andererseits hat die von den Streiks direkt angesprochene Deutsche-Bahn-Gruppe (DB) weiterhin eine sehr starke Präsenz im Hafenhinterlandverkehr, verbunden mit entsprechenden Marktanteilen.

Der Hamburger Hafen, Europas führender Eisenbahnhafen, dürfte die Folgen dieses dann längsten Arbeitskampfes zu spüren bekommen. Allerdings halten sich die Terminalbetreiber mit einem traditionell hohen Schienengüterverkehrsanteil am Modal Split bei entsprechenden Anfragen eher bedeckt und verweisen auf – vertrauliche – Krisenpläne.

Kein Blatt vor den Mund nimmt hingegen Dr. Hans Fabian Kruse, Präsident AGA Norddeutscher Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung: „Die GDL hat den Blick für die Realität verloren. Ihr geht es schon lange nicht mehr um das Wohl ihrer Mitglieder, sondern nur noch um Macht erhalt. Hier werden zum achten Mal Privatpersonen und Wirtschaft in Geiselhaft genommen. Das Geschäft von Handel und Industrie basiert auf pünktlicher Lieferung, die mit diesem langen Streik nicht mehr gegeben ist.“ Der Wirtschaftsverband, der nach eigener Darstellung die Interessen von 3500 Unternehmen in Norddeutschland vertritt, geht von einem „volkswirtschaftlichen Schaden von bis zu 100 Millionen Euro je Streiktag“ aus. Zu den besonders betroffenen Branchen zählt der AGA den Chemiehandel, die Stahl- und Metallhändler oder die Automobilzulieferer. Kruse weiter: „Die Schiene ist für unsere Unternehmen wegen der zu transportierenden Mengen unverzichtbar. Ausweichmöglichkeiten gibt es nicht, weil die Kapazitätsgrenzen im Straßengüter verkehr erreicht sind.“

Weselsky lehnt Schlichtung ab

Indessen hat GDL-Chef Claus Weselsky eine Schlichtung des seit 2014 schwelenden Tarifstreits mit der Bahn abgelehnt. „Wir lassen nicht über Grundrechte schlichten“, sagte er gestern.

Auch beim Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) ist man besorgt und fürchtet negative Auswirkungen. „Die Auseinandersetzung zwischen der GDL und der DB schadet der deutschen Wirtschaft. Bei einem länger anhaltenden Streik wird es zu Engpässen in den Hafenhinterlandverkehren kommen. Wir sind an einer baldigen Beendigung der Auseinandersetzung interessiert. Wir fordern beide Seiten zur Kompromissbereitschaft auf“, sagte ZDS-Hauptgeschäftsführer Daniel Hosseus auf THB-Anfrage. EHA

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