Historischer Megaschaden
Die Havarie des unter Zypern-Flagge fahrenden Mehrzweckfrachters in der Nordschleuse in Brunsbüttel entwickelt sich zu einem Schadensextremfall. Nach THB-Recherchen ist von derzeit mindestens 2,2 Millionen Euro die Rede. Zudem werden immer mehr Fakten über den Vorfall bekannt.
Der komplette Oberbau des Tores ist verbogen und um mehr als einen Meter durchgedrückt worden. Der Schadensbefund könnte sich nach Abschluss der Taucheruntersuchung sogar noch drastisch verschlechtern. Bei einem Totalschaden müsste für zwölf Millionen Euro ein neues Tor in Auftrag gegeben werden. Der Unglücksfrachter hat inzwischen die Schleuse wieder verlassen. Er wurde dazu von Schleppern zunächst aus der Nordschleuse gezogen und auf die Elbe bugsiert. Dann fuhr er durch die intakte Südschleuse wieder in den Kanal.
Zuvor hatte die Wasserschutzpolizei die Ermittlungen zusammen mit der Berufsgenossenschaft Verkehr (BG Verkehr) an Bord vorerst beendet. Dabei konnten nach Auswertung der Aufzeichnungsgeräte der Maschinenanlage und auf der Brücke keine Anzeichen für ein Versagen der Technik gefunden werden. Deshalb durfte der Frachter die Reise durch den Kanal von Brunsbüttel nach Rendsburg zur Nobiskrug-Werft auch ohne Schlepperhilfe fortsetzen.
Wie aus Ermittlerkreisen bekannt wurde, konzentrieren sich die Untersuchungen jetzt auf die Kommandos, die von der Besatzung auf der Brücke und im Maschinenraum unmittelbar vor der Havarie gegeben und ausgeführt wurden.
Der Lotse und der ukrainische Kapitän haben sich bislang bei den Befragungen nicht zu den Abläufen geäußert, wie die Wasserschutzpolizei auf Anfrage bestätigte. Sachverständige konnten gestern jedoch die Aufzeichnungsgeräte an Bord auslesen und haben dabei neue Erkenntnisse gewonnen. Die Protokolle werden jetzt aber noch weiter ausgewertet. Die nach Zypern ausgeflaggte „Saint George“ gehört der Firma Great Options Investments Ltd. in Athen. Reederei ist die Firma Pacific & Atlantic Shipmanager, die ebenfalls in Athen sitzt. Das 2008 in China gebaute Schiff fuhr zeitweise auch für die Lübecker Reederei Lehmann. Lübeck war auch das Ziel der am Ende folgenschweren Reise vom vergangenen Freitag.
Wie lange das Schiff bei der Rendsburger Nobiskrug-Werft repariert wird, steht noch nicht fest. Die Werft ist mit ihrer Tochter ADMK in Kiel auch an der Reparatur der Schleusentore in Kiel beteiligt. Der NOK bleibt indes eine Großbaustelle. So entsteht beispielsweise im Schleusenkomplex in Kiel-Holtenau ein neuer Tunnel. Auch diese Arbeiten beeinflussen die Abläufe in den Schleusen.
Am 17. Januar dieses Jahres hatte es in Brunsbüttel bereits die große Südschleuse getroffen. An dem Tag hatte das unter Bahamas-Flagge fahrende, mit 3700 BRZ vermessene Offshore-Spezialschiff „Red 7 Alliance“ (IMO 8304799) das Tor gerammt und dabei ebenfalls einen großen Schaden angerichtet. EHA/FB