Containergewicht als verbindliche Angabe

Die fehlerhafte oder auch bewusst falsche Angabe von Containergewichten führt immer wieder zu Problemen bis hin zu schweren Unfällen, und zwar nicht allein auf Schiffen, sondern innerhalb der gesamten, heutzutage intermodal angelegten Transport- und Logistikkette.

Doch diese Zustände dürften in wenigen Monaten der Vergangenheit angehören. Denn am 1. Juli treten neue strenge Vorschriften der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) im Rahmen der SOLAS-Regularien in Kraft. Ab diesem Datum muss jeder Container, der für den Export aus einem Seehafen bestimmt ist, genau verwogen werden. Dafür lässt die IMO zwei Methoden zu: Der einzelne, beladene Container wird verwogen, oder das Leergewicht des Containers wird mit den einzelnen Gewichten der Ladung addiert.

Außerdem müssen die Wiegedaten exakt und sicher in elektronischer Form an den Reeder weitergeleitet werden, und zwar rechtzeitig. Denn nur dann kann ein Stauplan zuverlässig ausgearbeitet werden. Vom „verifizierten Bruttogewicht“ ist fortan die Rede.

Der Verband Deutscher Reeder (VDR) ist erleichtert, dass sich in diesem Bereich endlich etwas Verbindliches auf internationaler Ebene getan hat. Damit nicht genug: Der VDR „drängt“ nach eigener Darstellung „auf eine international einheitliche und möglichst niedrige Festlegung der Masse-Toleranzgrenze durch die zuständigen Behörden, wenn das tatsächliche Gesamtgewicht eines Seecontainers von den Angaben des Befrachters abweicht“.

Wichtig: Die Festlegung der verbindlichen Toleranzgrenzen bei Abweichungen vom verifizierten Bruttogewicht liegt in der Verantwortung der einzelnen IMO-Mitgliedstaaten. Sie müssen diese Grenzen in der nationalen Gesetzgebung verankern. Die als Hafenstaaten agierenden IMO-Mitgliedstaaten müssen die Einhaltung der neuen IMO-Vorschrift überprüfen. Werden Toleranzgrenzen überschritten, wird der Befrachter vom Hafenstaat nach den jeweils geltenden nationalen Rechtsvorschriften belangt.

Ralf Nagel, geschäftsführendes VDR-Präsidiumsmitglied, ist überzeugt: „Die neuen Vorschriften zum Containerwiegen machen den Seetransport noch sicherer.“ Denn je genauer die Reeder und die Seeleute an Bord das Gewicht einzelner Container kennen, „desto stabiler können sie die Schiffe beladen“. Wichtig sei jetzt, dass die nationalen Umsetzungsvorschriften der IMO-Mitgliedstaaten nur möglichst geringe Bruttogewichtsabweichungen zulassen. Nagel: „Nur so wird eine effektive, einheitliche und wettbewerbsneutrale Einhaltung der IMO-Regelungen zur Verbesserung der Schiffs- und Ladungssicherheit garantiert.“

Beim Zentralverband der Deutschen Schiffsmakler (ZVDS) in Hamburg begrüßt man zwar die Verschärfung. Doch Geschäftsführer Dr. Alexander Geisler weist auch auf eine wichtige Schwachstelle in Europa hin: „Bei der Umsetzung der SOLAS-Vorgaben zur Angabe des verifizierten Bruttogewichts von Containern wird es keinen europaweiten, einheitlichen Ansatz geben.“ Geisler verweist beispielhaft auf die Niederlande. Der westliche Nachbar sehe Toleranzen von bis zu fünf Prozent vor, während aus Belgien und Dänemark bereits strengere Vorgaben bekannt sind.

Eine wichtige Randnotiz: Losgelöst von den neuen Container-Gewichtsbestimmungen gelten in den Niederlanden für den dortigen Güterkraftverkehrssektor bereits seit Jahr und Tag 60 Tonnen Gesamtgewicht auf den niederländischen Straßen. In Deutschland hingegen gelten 40 Tonnen beziehungsweise 44 Tonnen, wenn es sich dabei um einen Transport im Rahmen eines Terminal-Vor- beziehungsweise -Nachlaufs im kombinierten Ladungsverkehr (KV) handelt.

Geisler betont, dass die weitere Entwicklung in der EU „genau beobachtet werden muss“. In keinem Fall dürfe es so weit kommen, „dass sich ein einzelner Hafen durch großzügigere Toleranzen oder laxerer Kontrollen auf Kosten der Schiffssicherheit Wettbewerbsvorteile verschafft. Deshalb sind die EU-Mitgliedsstaaten weiter hin aufgefordert, einheitliche Bedingungen zu schaffen“.

Sehr intensiv hat sich das noch junge Bremer Unternehmen Tally Tech mit der neuen Sachlage beschäftigt. Im Fokus stand dabei die Entwicklung einer einfach handhab baren, digitalen technischen Wiege lösung.

Und die sieht so aus: Mit einer eigenen App, einem sogenannten Web-Frontend und einem Computer-Client werden die Wiegedaten per Bluetooth erfasst, mit der Containernummer verbunden und automatisch und verschlüsselt über das Tally-Tech-Rechenzentrum an den jeweiligen Reeder geleitet. Durch die Kooperation mit zuverlässigen und erprobten Hardwarepartnern können Wiegedaten dabei direkt am Reach-Stacker oder Container-Chassis ermittelt werden.

Für eine zweite Verwiegungsmethode bietet Tally Tech in Kooperation mit der niederländischen Firma RAVAS die Aufnahme der Wiegenote über die Gabeln von Staplern sowie Hand- und Hubwagen.

Bei den Reedereien nimmt das Thema mit Blick auf das nahende Stichdatum einen wichtigen Stellenwert auf der Agenda ein. MSC beispielsweise, weltweit die Nummer zwei unter den Containerreedereien, hat die Meldeprozesse eigenen Angaben zufolge bereits weitgehend durchgeplant und informiert intensiv seine Kunden. Die Daten können demzufolge als Teil der Buchung, als Buchungs-Update oder mit den Shipping Instructions per Eingabe auf der MSC-Webseite sowie in anderen elektronischen Formatierungen (xml, csv, txt, EDI etc.) übertragen werden. Auch eine Übermittlung durch den beauftragten Wiegebetrieb oder über die Buchungsplattform Inttra soll möglich sein. Die Daten müssen je nach Fahrtgebiet auf jeden Fall 24 bis 48 Stunden vor Schiffsankunft im Hafen vorliegen. Auch in den Häfen tut sich einiges. So plant die Hamburg Port Authority (HPA) erstmals einen neuen Lkw-Parkplatz im Westteil des Hafens – im Bereich Dradenau, in Nachbarschaft zu den großen Containerterminals –, zu dem auch eine öffentliche Waage gehört. Letztere wird mit Blick auf die neuen SOLAS-Bestimmungen für erforderlich gehalten. Parkplatz und Waage sollen dabei von einem privaten Investor betrieben werden. EHA

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