Scharfe Kritik an Kreuzfahrt-Reedereien

Während die internationale Kreuzfahrtbranche ab heute bis Ende der Woche in Hamburg vor allem ihre rosigen Aussichten feiern will, konfrontieren Umweltschutzverbände die Industrie mit der Kehrseite ihres Erfolgs.

So stehen die Cruise-Reedereien nach Überzeugung des Nabu keinesfalls gut dar, wenn es um die Umweltschutzbilanz der Schiffe geht. Zum siebten Mal in Folge erstellte die NGO ihr Kreuzfahrt-Ranking, das sie am Dienstag in Hamburg der Öffentlichkeit präsentierte. Es basiert unter anderem auf der Auswertung einer Vielzahl von technischen Daten, die die Umweltexperten zusammengetragen, ausgewertet und am Ende bewertet haben. Dazu gehören auch versteckte Messungen an Bord von Schiffen, weil dem Nabu nach eigener Darstellung offizielle Messungen seitens der Reedereien nicht zugestanden wurden. Das Ergebnis aller Recherchen und das daraus abgeleitete Ranking fällt aus Sicht der Organisation recht ernüchternd aus: „Kein einziges Kreuzfahrtschiff in Europa ist aus Umweltsicht uneingeschränkt empfehlenswert“, so Dietmar Oeliger, Leiter Verkehrspolitik in der Nabu-Zentrale in Berlin. Das weist der Cruise-Verband Clia entschieden zurück.

Den weiteren Nabu-Angaben zufolge belegen die beiden deutschen Anbieter TUI und Hapag-Lloyd Cruises jetzt gemeinsam die Spitzenposition mit den vier Neubauten „Mein Schiff 3“ bis „Mein Schiff 6“ sowie mit der „Europa 2“. Sie verwenden laut Nabu immerhin einen Stickoxid-Katalysator. Oeliger: „Die Anbieter AIDA und Costa Cruises stürzen im Kreuzfahrt-Ranking 2017 ab, weil sich ihre Angaben zu Abgassystemen aus dem Jahr 2016 als ‚Luftnummer‘ erwiesen.“ Zwar hatte die in Rostock beheimatete AIDA-Reederei Investitionen in Abgassysteme angekündigt. Doch wurden diese nach Erkenntnis der Umweltorganisation nicht umgesetzt. Auch mehr als ein Jahr nach der Indienststellung der in Japan gebauten „AIDAprima“ sei auf dem Schiff noch kein Abgasfilter im Einsatz.

Dieser Darstellung widersprach die Reederei jedoch. So seien sechs Schiffe der Flotte – darunter die beiden bau gleichen Luxusliner „AIDAperla“ und besagte „AIDAprima“ – sehr wohl mit Systemen zur Abgasnachbehandlung ausgerüstet. Wo es die Genehmigung zum Betrieb gebe, würden diese auch genutzt.

Besonders schwer wiegt aus Sicht des Umweltverbands auch die Tatsache, dass alle Cruise-Reedereien weiterhin „auf das giftige Schweröl als Kraftstoff setzen und keinen Rußpartikelfilter zur Minderung gesundheitsgefährdender Feinstaubemissionen einsetzen“. Als „klare Schlusslichter“ macht die NGO die Branchengrößen Costa, MSC und auch Royal Caribbean aus. Sie ließen nach Bewertung des Nabu „keinerlei relevante Aktivitäten zum Schutz von Umwelt und Gesundheit erkennen“. Der Verband fordert die in immer größere und auch luxuriösere Schiffe investierende Branche nachdrücklich dazu auf, sich ihrer umwelt- und auch gesellschaftspolitischen Verantwortung zu stellen. Dazu gehöre neben dem Einbau modernster Filtertechnik auch der Verzicht auf Schweröl und die Ausrüstung der Schiffe mit Landstromversorgungsanschlüssen. Zudem sollten die Häfen Landstrom verstärkt anbieten und dessen Nutzung auch beispielsweise über das Instrument „Hafengeld“ stimulieren. Heißt: Wer Landstrom während der Hafen liegezeit aufnimmt, muss weniger Hafenabgaben entrichten als Schiffe, die ihren Strombedarf weiter selbst decken wollen.

Zudem will sich der Nabu dafür einsetzen, dass nach der Einrichtung der SECA-Zonen in der Ostsee sowie Teilen der Nordsee auch das mit einem hohen Schifffahrtsverkehr belastete Mittelmeer in dieses Regime mit einbezogen wird.

Kritisch bewertet der Umweltverband die sehr optimistischen Wachstumsziele der Cruise-Industrie. So würden immer mehr Häfen und Regionen inzwischen gegen die hohe Anzahl von Schiffsanläufen aufbegehren. Länder wie Norwegen planten massive Restriktionen. Und auch die isländische Regierung, so brandaktuelle Erkenntnisse vor Ort, will die Anzahl der Kreuzfahrtanläufe deckeln. Oeliger erwartet, dass dies erst der Anfang einer Entwicklung ist. EHA/dpa

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