Hintergrund: Comeback für Lloyd im Kreuzfahrtmarkt

Es war ein Paukenschlag, als am 20. Juli die ersten Meldungen aus Bremerhaven kamen. Die Genting Group aus Malaysia bestellt für die Tochter Crystal Cruises drei Hochseeschiffe und zwei Flusskreuzfahrer bei der Lloyd Werft in Bremerhaven. Eine Woche später wurde bekannt, dass Genting auch Gesellschafter der Werft wird.

Das letzte Kreuzfahrtschiff wurde vor fast genau zehn Jahren von der Lloyd Werft abgeliefert. Es war die „Pride of America“ für die Norwegian Cruise Line. Zuvor hatte die Werft die „Norwegian Sun“ ebenfalls für NCL gebaut am 6. Juni 2005 abgeliefert. Hauptgesellschafter von NCL ist die Genting Group aus Malaysia. Deshalb ist die Werft auch im Hause Genting bestens bekannt, genauso wie die Meyer Werft in Papenburg. Neun der zwölf Schiffe der heutigen NCL-Flotte kommen aus Papenburg, zwei aus Bremerhaven von der Lloyd Werft. Deshalb war die Wahl des Standortes auch gut durchdacht. Angebote von Werften aus Asien hatte Genting genauso ignoriert wie aus Frankreich und Italien.

Die Werft wird bis 2020 für Crystal drei Schiffe der „Exclusive Crystal Class“ bauen, die die heute aus drei Einheiten bestehende Flotte ergänzen und nach und nach ablösen sollen. „Wir sind sehr stolz darauf, in diese enge und vertrauensvolle Partnerschaft mit Crystal Cruises zum Bau dieser fantastischen Schiffe unsere große Erfahrung im Bau und Umbau von luxuriösen Kreuzfahrtschiffen und privaten Megayachten einbringen zu dürfen“, erklärte Dieter Petram, Hauptgesellschafter der Lloyd Werft Bremerhaven AG, anlässlich der Auftragsvergabe. Die Erfahrung und die Kompetenz der Lloyd Werft sind wichtige Grundlagen dafür, die Partnerschaft beim Bau dieser Schiffe in den nächsten Jahren erfolgreich zu gestalten.

Das erste Schiff des Trios soll bereits 2018 abgeliefert werden. Die Neubauten sollen nach ersten Angaben bei einer Vermessung 100.000 BRZ circa 300 Meter lang sein und etwa 500 Kabinen für 1000 Passagiere erhalten. Damit käme ein Schiff mit einem Verhältnis von Passagier zu Bruttoraumgehalt von 100 BRZ heraus. Ein Vergleich: Auf der heute im weltweiten Spitzen-Ranking führenden „Europa 2“ beträgt der Platz pro Passagier 81 BRZ, und bei der neuen „Viking Star“ liegt er bei 48 BRZ. Ein Schiff der heutigen Mittelklasse von AIDA, Costa oder MSC hat einen Schnitt von 30 bis 32 BRZ pro Passagier.

Der Bau dieser exklusiven Luxuskreuzfahrtschiffe wird die Lloyd Werft vor eine große Herausforderung stellen. Die Zulieferung des Rumpfes von einer Werft aus dem Ostseeraum gilt inzwischen als sicher. Die Ausrüstung des Rohbaus würde dann auf der Lloyd Werft erfolgen. Die Lloyd Werft kehrt damit in den Kreis der Kreuzfahrtwerften zurück.

Das Know-how ist auf jeden Fall vorhanden. Die Nähe zur Meyer Werft und den großen Zulieferern für die Ausrüstung ist ein klarer Vorteil, der der Lloyd Werft die Realisierung erleichtert.

In die Hände der Lloyd Werft haben auch die Pro bleme beim Kreuzfahrtschiffbau bei Mitsubishi in Nagasaki gespielt. Gerade bei Kreuzfahrtschiffen ist die Termintreue genauso wichtig wie die Qualität der Arbeit. Qualitativ sind die Schiffe von Mitsubishi in der Spitzenliga der Kreuzfahrt. Ein Jahr Verzögerung beim Bau hat der japanischen Werft bereits heute einen Verlust von über 400 Millionen Euro beschert. Ähnlich schmerzvoll waren 1998 bei den Ho waldtswerken-Deutsche Werft (HDW) in Kiel die Erfahrungen. Der Bau des Kreuzfahrtschiffes „Deutschland“ sollte den Einstieg ins Kreuzfahrtgeschäft bringen. Letztlich blieb die „Deutschland“ ein Einzelprodukt, das mit herben Verlusten im zweistelligen Millionen-Bereich abgeschlossen wurde. Die Verluste wurden aufgefangen durch die sprudelnden Gewinne aus dem U-Boot-Bau. Bei Mitsubishi wird der Verlust ebenfalls vom Konzern aufgefangen, der neben Gastankern auch Kriegsschiffe baut. Derartige Rettungsschirme haben weltweit nicht viele Werften, weshalb die Zahl der Anbieter bei Kreuzfahrtschiffen auch überschaubar bleibt.

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