Südkoreas Präsidentin kündigt Bergung der gesunkenen Fähre "Sewol" an

Die "Sewol" kurz vor ihrem Untergang vor einem Jahr, Bild: Koreanische Küstenwache
Der Untergang der Fähre "Sewol" bedeutet für Südkoreas Präsidentin eine große politische Last. Die Familien der Opfer fordern eine unabhängige Untersuchung zu dem Unglück mit Hunderten Toten.
Zum ersten Jahrestag der "Sewol"-Fährkatastrophe mit etwa 300 Toten hat Südkoreas Präsidentin jetzt doch die Bergung des Schiffes angekündigt. Damit hat Park Geun Hye Forderungen von Opfer-Familien nachgegeben. "Ich werde Maßnahmen ergreifen, damit das Schiff sobald wie möglich geborgen werden kann", kündigte sie am Donnerstag am Paengmok-Hafen auf der südwestlichen Insel Jindo an, vor der die "Sewol" am 16. April 2014 mit zahlreichen Schülern an Bord gesunken war. Es müsse alles daran gesetzt werden, die Leichen von neun vermissten Insassen zu finden. Trauer und Wut mischten sich am Jahrestag des Unglücks bei Gedenkveranstaltungen für die Opfer.
Der Untergang bedeutet eine schwere politische Last für die konservative Präsidentin. Auf Jindo entzogen sich Familien der Opfer laut Berichten südkoreanischer Sender aus Protest gegen den Umgang der Regierung mit dem Unglück einem Treffen mit Park. Sie hätten den Hafen vor der Ankunft der Präsidentin verlassen. Eine weitere geplante Gedenkfeier wurde abgesagt.
Die Familien werfen der Regierung unter anderem vor, sich in die geplanten Untersuchungen einer unabhängigen Kommission zu dem Unglück einmischen zu wollen. Unzureichende Rettungsmaßnahmen der Behörden werden für das Ausmaß der Katastrophe mitverantwortlich gemacht. Die Präsidentin hatte sich nach dem Unglück für fehlerhaftes Krisenmanagement entschuldigt.
Viele Lernende unter den Opfern
Die meisten der Opfer unter den ursprünglich 476 Insassen waren Schüler aus der südlich von Seoul gelegenen Stadt Ansan, die sich auf einer Klassenfahrt zu einer Urlaubsinsel befanden. Lediglich 172 Menschen konnten sich retten, darunter die leitenden Besatzungsmitglieder. Der Kapitän der "Sewol" wurde im November zu 36 Jahren Haft und 14 weitere Crewmitglieder zu Haftstrafen zwischen fünf und 30 Jahren verurteilt, weil sie die Insassen im Stich ließen. Ein Berufungsprozess läuft seit Februar. Wie Ermittler herausfanden, war die Personen- und Autofähre überladen.
Tausende Menschen suchten am Donnerstag laut Berichten des südkoreanischen Fernsehens einen Traueraltar in Ansan auf. Einige Opfer-Familien hätten Premierminister Lee Wan Koo und Mitglieder der Regierungspartei Saenuri daran gehindert, ebenfalls vor den Altar zu treten. In Asan wurden die Flaggen vor öffentlichen Gebäuden auf halbmast gesetzt, außerdem ertönte eine Sirene.
Das Parlament in Seoul verabschiedete eine Resolution, in der die Abgeordneten ebenfalls zur Bergung der Unglücksfähre aufriefen. Nach Schätzung der Regierung könnte es mehr als 100 Millionen Euro kosten, das Schiff aus dem Wasser zu ziehen. dpa/pk