Seeverkehrswirtschaft fordert Klarheit
Mit dem bevorstehenden Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union werden sich nach der bis Ende 2020 andauernden 21-monatigen Übergangsphase die rechtlichen Bedingungen für die Wirtschaft ändern.
Das könnte auch die Schifffahrt betreffen, führt der Europaabgeordnete David McAllister (CDU) am Dienstag in einer Stellungnahme aus. Der ehemalige Ministerpräsident Niedersachsens, der neben der deutschen auch die britische Staatsbürgerschaft besitzt, hatte zuvor die Bedenken der norddeutschen Industrie- und Handelskammern zu diesem Thema dem EU-Chefunterhändler Michel Barnier vorgetragen.
Die IHK Nord hatte zuletzt ein Arbeitspapier zum Seeverkehr mit Blick auf die zweite Phase der Brexit-Verhandlungen veröffentlicht (thb.info 28. März 2018). Darin fordert der Zusammenschluss von zwölf norddeutschen Industrie- und Handelskammern ein neues Schifffahrtsabkommen zwischen der EU und Großbritannien. Als Blaupause für die künftigen Beziehungen mit dem Vereinigten Königreich sehen die Kammern dabei den erst kürzlich ausgehandelten Ceta-Vertrag mit Kanada.
Nach Ansicht der IHK Nord entstehen nach einem Austritt Großbritanniens aus der EU vor allem rechtliche Probleme bei innerstaatlichen Transporten durch Schiffe unter fremder Flagge – der Seekabotage. So dürfen bislang Frachter mit deutscher oder der Flagge eines anderen EU-Staats Ladung in englischen Häfen aufnehmen und zu anderen Häfen im Vereinigten Königreich transportieren. Dieses Recht haben umgekehrt auch Schiffe, die unter britischer Flagge fahren. Wenn Großbritannien die Europäische Union verlässt, wäre die Seekabotage durch die entsprechende EU-Verordnung nicht mehr gedeckt, gab der IHK-Nord-Vorsitzende Gert Stuke zu bedenken.
Die IHK Nord fordert nach Ansicht von McAllister zu Recht ein Schifffahrtsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich, das diese Frage neu regelt. McAllister betonte: „Damit die Unternehmen langfristig planen können, gilt es jetzt, rechtliche Klarheit zu schaffen.“
Derweil spitzt sich der Streit in Großbritannien um die Mitgliedschaft in einer Zollunion mit der EU nach dem Brexit zu. Nachdem die Regierung eine herbe Niederlage im Oberhaus in der Frage einstecken musste, bekräftigte sie jetzt ihren Entschluss zum Austritt aus dem Verbund. Premierministerin Theresa May sprach sich bislang für einen klaren Bruch mit Brüssel aus. Demnach soll das Land sowohl die Zollunion als auch den Europäischen Binnenmarkt verlassen. Doch inzwischen formiert sich auch im Unterhaus immer deutlicher Widerstand (thb.info 23. April 2018). fab