Maersk Line ordert Carrier für 1,8 Milliarden US-Dollar
In den vergangenen Monaten hatte sich die Trendwende bereits angedeutet: Nach den bisherigen Triple-E-Carriern setzt Maersk auf weitere Orders für Großcontainerschiffe.
1,8 Milliarden US-Dollar schwer ist der Vertrag, den Maersk Line mit der südkoreanischen Werft Daewoo Shipbuilding & Marine Engineering (DSME) über die Lieferung von insgesamt 17 Großcontainerschiffen abgeschlossen hat. Maersk Line-Chef Søren Skou und DSME-CEO Sung-Leep Jung unterzeichneten am Dienstag in Seoul den Vertrag, der die zweite Generation der Triple-E-Schiffe mit einer Kapazität von jeweils 19.630 TEU betrifft. Elf Schiffe werden in jedem Fall gebaut, sechs weitere sind optioniert. Die Carrier werden mindestens 400 Meter lang und sollen 16,5 Meter Tiefgang haben. Die Auslieferung soll im April 2017 beginnen und bis Mai 2018 abgeschlossen sein. In diesem Zeitraum wird auch über den Bau der optionierten sechs Einheiten verhandelt.
Der Preis pro Schiff wird wohl bei 151 Millionen Dollar liegen. Rechnet man allerdings diverse Spezifikationen ein, läuft es auf eine Summe von 163,6 Millionen Dollar für jede der elf Einheiten hinaus.
Maersk bewegt sich mit der aktuellen und seit mehreren Monaten vorbereiteten Order in der Größenordnung von MOL, die kürzlich 20.150-TEU-Carrier bei Samsung bestellt hatten. Auch diese Schiffe sollen bis 2017 in den Markt kommen.
Die Bestellung erfolgt zu einem Zeitpunkt, da die Größenentwicklung in der Schifffahrt und die Effizienz von großen Containercarriern kontrovers diskutiert wird: Einer Studie der OECD zufolge sind nämlich die wirtschaftlichen Vorteile großer Containerschiffe geringer als gedacht und nehmen immer weiter ab.
„Wir sind dicht an dem Punkt, an dem größere Schiffe nicht mehr sinnvoll sind“, sagte Olaf Merk, bei der OECD zuständig für Häfen und Schiffe und Autor der Studie, auf der Welthafenkonferenz in Hamburg. „Oder wir haben ihn bereits überschritten.“
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung steht mit dieser Einschätzung nicht allein da. Erst jüngst hatte Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen auf die marginalen Effizienzsteigerungen immer größerer Einheiten hingewiesen (THB 28. Mai 2015). In der aktuellen Frage der Woche auf der THB-Website halten 50,9 Prozent der Abstimmungsteilnehmer die wirtschaftlichen Vorteile von Großcontainerschiffen ebenfalls für überschätzt. Die Umfrage läuft noch bis heute.
Treiber der aktuellen Größenentwicklung sind die großen internationalen Reedereien, die dramatische Kos teneinsparungen je transportierten Container erreichen können. Die OECD-Organisation ITF (International Transport Forum) hat erstmals untersucht, wie sich die Kosten der großen Schiffe über die gesamte Transportkette auswirken: „Rund 60 Prozent der Kosteneinsparungen bei den Großschiffen werden durch modernere Motoren erreicht, nicht durch die Größe“, sagte Merk. Zudem habe der Bestellboom bei den Großschiffen zu einer Überkapazität auf dem Markt und damit zu geringeren Erlösen der Reedereien geführt, was die Kostenvorteile zum Teil zunichte mache.
Schließlich aber benötigten die Carrier Investitionen in höhere Brücken, tiefere und breitere Zufahrtswege, stärkere Kaimauern und größere Containerterminals. Diese Kosten, ebenso wie für Verkehrswege und -infrastruktur, müssten zum Teil aus Steuergeldern bestritten werden. Die OECD-Organisation schätzt sie auf rund 400 Millionen Dollar jährlich.
Zudem werden die Riesenschiffe auch zum Sicherheitsrisiko, weil sie immer schwerer zu navigieren sind. Sollte ein solches Schiff einen Unfall haben oder gar samt Ladung versinken, so würde der Schaden vermutlich in den Milliardenbereich gehen. Mit der Studie will die OECD eine Debatte unter allen Beteiligten der Transportwirtschaft und der Politik um die Zukunft der Großschiffe anstoßen.
Die großen Schiffe standen auch bei der Eröffnungsveranstaltung der Welthafenkonferenz in Hamburg im Mittelpunkt (THB 2. Juni 2015). Die Häfen beobachten die rasante Entwicklung der Schiffsgrößen mit gemischten Gefühlen. pk