IRISL nimmt wieder Kurs auf Hamburg

Die Staatsreederei Islamic Republic of Iran Shipping Lines (IRISL) steuert nach Aufhebung der Sanktionen gegen das Land wieder den Hamburger Hafen an.

Erstmals seit Juli 2010 wird am 14. März ein IRISL-Schiff in der Hansestadt erwartet. Bei dem 207,4 Meter langen und 29,80 Meter breiten Frachter mit 2478 TEU handelt es sich um die 2003 bei der damaligen Aker MTW Werft in Wismar gebaute „Azargoun“. Frühere Namen: „Armis“, „Visea“ und „Iran Zanjan“. Die Abfertigung und Marktbetreuung sowie alle weiteren Ankünfte der Reederei in der Hansestadt, in Bremen, Belgien und den Niederlanden übernimmt die Schiffsmaklerfirma Peter W. Lampke GmbH & Co. KG (PWL). Dafür haben die Unternehmen jetzt ein entsprechendes Joint Venture geschlossen. Geplant ist zunächst ein wöchentlicher Anlauf.

„Mit der kürzlich unterzeichneten Vereinbarung wird die vor den Sanktionen gegen den Iran bestehende Geschäftsbeziehung fortgesetzt“, freut sich PWL-Chef Christian Koopmann, der zugleich auch Vorsitzender der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten (VHSS) ist. „Die Zeit reif für frische Geschäfte“, sagte Koopmann dem THB. „Nun eröffnet sich die Möglichkeit, ein neues Kapitel in den deutsch-iranischen Wirtschaftsbeziehungen aufzuschlagen“, ergänzt Dr. Naser Bateni, Geschäftsführer IRISL Europe.

Zuvor war IRISL-Chairman Dr. Mohammad Saeidi auf Einladung der Hansestadt Gast von Bürgermeister Olaf Scholz und Wirtschaftssenator Frank Horch im Rathaus. Außerdem besuchte der Manager Deutschlands größten Seegüterumschlagplatz und führte Gespräche mit Vertretern der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), Eurogate und C. Steinweg (Süd-West-Terminal). Anschließend besiegelte Saeidi das Joint Venture mit PWL zur Abfertigung aller IRISL-Schiffe. Die Linienagentur war bereits ab 1994 für die Staatsreederei tätig.

Norddeutschland hofft ebenfalls auf einen Schub. Die Hafenstadt Hamburg kann an ihre traditionelle Rolle als wichtigste Drehscheibe für den deutschen Iran-Handel anknüpfen, sagt Corinna Nienstedt von der Handelskammer. Jedoch müssten Finanzierungsfragen geklärt werden.

Die Hamburger Messe hat auch bereits Kontakte angebahnt. Auf der Weltleitmesse der maritimen Wirtschaft SMM im September wird der Iran erstmals mit einem eigenen Länderpavillon vertreten sein. Der Maschinenbau-Verband VDMA teilte mit, Ausrüstungen und Technologie für den Schiffbau kämen weiterhin aus Deutschland und Europa.

Aber auch Speditionen, die Flugzeugindustrie und erneuerbare Energien dürften für den Iran interessant werden. 350 Hamburger Firmen unterhalten Geschäftsbeziehungen mit dem Iran. In der Stadt werden umgekehrt nach Kammer-Angaben rund 500 Firmen von Iranern geführt.

Die Europäische Union hatte am 16. Januar 2016 mit sofortiger Wirkung die wegen des Atomkonflikts verhängten Wirtschafts- und Finanzsanktionen gegen den Iran aufgehoben. Die Strafmaßnahmen waren in den vergangenen Jahren im Zuge des Streits über das iranische Atomprogramm beschlossen worden. Sie sahen unter anderem ein Einfuhrverbot für iranisches Erdöl und Gas in die EU sowie Beschränkungen des Kapital- und Zahlungsverkehrs vor. Der iranischen Wirtschaft wurde dadurch ein erheblicher Schaden zugefügt.

Schon im vorigen Sommer war Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) als einer der ersten westlichen Politiker zu Besuch in Teheran – begleitet von einer großen Unternehmer-Delegation. Im Mai wird eine Kommission beider Länder in Teheran tagen, die Gabriel mit seinem Amtskollegen Ali Tayebnia leitet.

Insgesamt überwiegt die Zuversicht. „Der Iran hat ausreichende Rücklagen und ist solvent. Ersatzinvestitionen sind angesichts veralteter Anlagen dringend erforderlich“, meint der Sprecher des Bundesverbandes Groß- und Außenhandel (BGA), André Schwarz. Der BGA prognostiziert einen Anstieg des Ausfuhrvolumens von 2,4 Milliarden Euro im Jahr 2014 auf bis zu zehn Milliarden Euro in den nächsten vier bis fünf Jahren. „Wir rechnen uns erhebliche Chancen aus.“

Besonders die Maschinenbauer haben sich in Stellung gebracht. „Es gilt, die Chancen im Iran zu nutzen“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes VDMA, Thilo Brodtmann. Auch die Logistikbranche hat großes Interesse. „Es gibt so etwas wie Goldgräberstimmung“, sagte Schenker-Manager Michael Dietmar. „Iran ist für uns ein hochinteressanter Markt.“

Das war auch früher einmal so. In den 1970er Jahren lag der Iran laut DIHK für die deutsche Wirtschaft als zweitwichtigster Exportmarkt außerhalb Europas hinter den USA. Dann schrumpfte die Bedeutung stetig: 2005 vor den Sanktionen habe das Land Waren „made in Germany“ im Wert von 4,4 Milliarden Euro importiert, 2014 seien es weniger als 2,4 Milliarden gewesen – Rang 50 der deutschen Handelspartner.

Die Flotte der 1967 gegründeten IRISL umfasst rund 170 Seeschiffe. Dazu gehören auch die Einheiten verschiedener Tochtergesellschaften (zum Beispiel Khazar Shipping, Valfajr). In den Ausbau sollen bis zum Jahr 2020 rund 120 Milliarden Dollar investiert werden. Die Reederei beschäftigt etwa 6000 Seeleute.

PWL wurde am 20. Oktober 1964 in Bremen gegründet. Damals war das Unternehmen zunächst als Schiffsmakler und Linienagent tätig. Es folgten Büros in Hamburg, Bremerhaven und Duisburg. Zu den Dienstleitungen gehört die Agenturtätigkeit für rund 20 Linienreedereien, die in der konventionellen, RoRo- und in der Containerschifffahrt zu Hause sind, sowie die Vertretung von Semi-Liniendiensten im weltweiten Transport von Projekten und Industrieanlagen. FBi

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