„Höhere Gewalt“, höhere Kosten

Die von der chinesischen Regierung eingeleiteten Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus haben zunehmend Auswirkungen auf die Kosten und damit auch auf rechtliche Fragen der Lieferketten. Darauf weisen der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik und die auf maritime Themen spezialisierte britische Anwaltskanzlei Hill Dickinson hin. Der Faktor „höhere Gewalt“ spielt dabei eine besondere Rolle.

Zur rechtlichen Beurteilung entstandener Zusatzkosten stellt der DSLV klar: Die Coronavirus-Epidemie falle unter „höhere Gewalt“. Sofern der Spediteur zur ordnungsgemäßen Ausführung seiner Vertragspflichten entstehende, zusätzliche Aufwendungen nicht vermeiden könne, seien diese von seinem Auftraggeber zu tragen. Dies ergebe sich bereits aus Ziffer 17.1 der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp) als in der Regel zwischen Spediteur und seinem Kunden vereinbarten Geschäftsbedingungen. Voraussetzung: Der Spediteur hat die Aufwendungen nicht zu vertreten. Vor allem im Seeschiffsverkehr anfallende so genannte Detention-, Demurrage- und Storage-Charges, also Kosten für die Verzögerung der Seefracht, müsse der Spediteur seinen Kunden weiterberechnen.

„Durch die Kapazitätsbeschränkungen steigen die Raten in der See- und Luftfracht derzeit, so dass die verladende Wirtschaft mengen- und destinationsabhängig mit Zusatzkosten für den Warenverkehr rechnen muss“, schätzt DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster die Lage ein. „Unsicherheiten bestehen vor allem durch die kurzfristigen Anordnungen der chinesischen Behörden, die in weiteren regionalen Produktionsstopps und schließlich in einer andauernden Exportschwäche Chinas münden können. Hier müssen deutsche Logistikdienstleister punktuell sehr flexibel sein. Am Ende steht aber auch die Sicherheit der eigenen Mitarbeiter vor Ort im Vordergrund.“

Die internationale Anwaltskanzlei Hill Dickinson mit Hauptsitz in Liverpool wies Ende vergangener Woche ergänzend darauf hin, dass die von den chinesischen Behörden ausgerufene „höhere Gewalt“ vorerst noch nicht für Verträge nach Hongkong-Recht, bei denen die Gegenpartei eine nicht-chinesische Einheit ist, gelte.

„Die Gültigkeit der Behauptung, dass ‚höhere Gewalt‘ vorliegt, hängt vom Umfang der spezifischen Vertragsbestimmungen und dem Nachweis ab, dass keine alternativen Mittel zur Vertragserfüllung zur Verfügung standen“, betont ein Sprecher von Hill Dickinson.

Ob die Verzögerung und Störung, die sich aus dem Coronavirus ergebe, ein Ereignis ‚höherer Gewalt‘ ist, hänge auch nicht von den sonstigen möglichen Absichten der Parteien ab, so der Sprecher weiter: „Wenn ‚höhere Gewalt‘ festgestellt werden kann, muss es die einzige wirksame Ursache für die Nichterfüllung des Vertrages sein.“ bo

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