HHLA: Noch Ungewissheit über Allianzen

Der Containerumschlag der HHLA ist 2016 um 1,5 Prozent auf 6,658 Millionen TEU gestiegen, Foto: HHLA, Thies Rätzke

Die HHLA investierte 2016 allein für den Ausbau der drei Containerterminals im Hamburger Hafen 81,3 Millionen Euro, Grafik: HHLA

Lokomotiven der HHLA-Bahntochter Metrans in Tschechien, Foto: Thies Rätzke
Es ist kaum zu glauben: Morgen starten weltweit die drei neu formierten Reederei-Allianzen. Aber die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) weiß offenbar noch nicht genau, wann und wo welche Schiffe an den Terminals abgefertigt werden.
„Wir erwarten einen Abschluss der Verhandlungen mit unseren Kunden Mitte April“, räumte HHLA-Chefin Angela Titzrath am Donnerstag bei der Vorlage der Bilanz ihres Vorgängers Klaus-Dieter Peters ein. Die Formierung der Megabündnisse habe deutlich länger gedauert als geplant, und damit laufen die Gespräche auch noch, so die Managerin. „Wir haben 13 Fernost-Dienste der beiden großen Allianzen in der Planung. Ein großer Teil davon wird bei uns ankommen“, betonte Titzrath. Gemeint sind damit die Zusammenschlüsse „Ocean Alliance“ (CMA CGM, OOCL, Cosco, Evergreen) und „The Alliance“ (Hapag-Lloyd, NYK/MOL, Yang Ming, “K” Line). Das „2M Network“ (Maersk, MSC, Hyundai) wird vor allem den JadeWeserPort anlaufen.
Durch Zusammenschlüsse und Allianzen von Reedereien könnten sich Verkehrsströme verschieben, warnte die Anfang des Jahres angetretene Vorstandschefin. Zudem bleibe der Wettbewerb mit anderen europäischen Häfen intensiv. Die protektionistischen Töne aus den USA könnten ebenfalls Folgen für die internationale Arbeitsteilung und den Welthandel haben.
Titzrath forderte erneut eine schnelle Lösung für die Elbvertiefung: „Je früher die Arbeiten beginnen, desto besser.“ Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte bei dem umstrittenen Milliardenprojekt Anfang Fe bruar Nachbesserungen bei den Planungen verlangt. Der Fluss soll vertieft werden, damit große Containerschiffe den Hamburger Hafen problemlos erreichen können. Verfechter des Projekts fürchten, dass künftig mehr Schiffe auf Häfen in Rotterdam und Antwerpen ausweichen. Umweltschützer sorgen sich um massive Eingriffe in Flora und Fauna.
Titzrath schloss nicht aus, dass sich die HHLA an Terminals außerhalb Hamburgs beteiligen könnte. „Wenn Hamburg das Tor zur Welt ist, dann werden wir auch mal durch das Tor gehen und uns mit wachen Augen umschauen.“ Konkreter wurde sie allerdings nicht: „Wir brauchen noch etwas Zeit.“ Die HHLA betreibt bereits einen Terminal im ukrai ni schen Odessa. Hier stieg der Containerumschlag im vergangenen Jahr um 10,6 Prozent auf 283.000 TEU. Insgesamt fertigte der Konzern 6,658 Millionen Boxen ab. Das ist ein Plus von 1,5 Prozent. Die Menge der von den beiden Bahntöchtern der HHLA transportierten Container stieg um 6,8 Prozent auf 1,4 Millionen TEU.
Insgesamt rechnet die HHLA allerdings im laufenden Jahr mit einem niedrigeren Ergebnis. „Wegen der geopolitischen Unsicherheiten haben wir keine Planungssicherheit hinsichtlich der nautischen Erreichbarkeit des Hamburger Hafens“, sagte Titzrath. Gemeint sind vor allem die USA sowie Großbritannien, die wegen noch unklarer Positionen der neuen US-Regierung beziehungsweise des geplanten Brexit für Unsicherheiten sorgten.
Auch der Ukraine-Konflikt erschwere Prognosen zur Entwicklung des HHLA-Terminals in Odessa. Wachstumsimpulse erhoffe man sich durch Investitionen in Schienennetz und Bahnhöfe der HHLA sowie durch neue digitale Geschäftsfelder.
Der Konzernbetriebsgewinn (Ebit) dürfte 2017 auf 130 bis 160 Millionen Euro schrumpfen. Im Vorjahr war er vor allem dank eines höheren Containerumschlags noch um 4,8 Prozent auf 164 Millionen Euro gestiegen. Der Konzernumsatz dürfte „im Bereich des Vorjahres“ von 1,2 Milliarden Euro liegen.
Für 2017 sagte Titzrath dem Konzern zwar eine „stabile Entwicklung“ voraus. Dies gilt jedoch nur für den Containerumschlag und den Umsatz. Der operative Gewinn (Ebit) hingegen dürfte in der Hafenlogistik von knapp 148 Millionen Euro auf 115 bis 145 Millionen Euro zurückgehen. Analysten hatten im Schnitt bessere Perspektiven erwartet.
Die Aussichten verschreckten die Anleger: Die Aktie stürzte zeitweise um mehr als 16 Prozent ab. Nach dem Börsengang im Jahr 2007 lag der Kurs in der Spitze bei mehr als 62 Euro. Gestern betrug der Tiefststand 16,66 Euro.
Kleiner Trost: Die Anteilseigner des börsennotierten Teilkonzerns Hafenlogistik sollen wie im Vorjahr eine Dividende von 0,59 Euro je Aktie erhalten. Analysten hatten mit etwas mehr gerechnet.
Mit der Entwicklung digitaler Geschäftsfelder und der Digitalisierung technologischer Lösungen will die HHLA in der Zukunft neue Wachstumschancen gewinnen. Titzrath betonte die Stärken des Konzerns als innovatives Unternehmen mit langjähriger Erfahrung im Containergeschäft und einem sehr erfolgreichen Intermodal-Segment.
Die HHLA stehe auf solidem Fundament. Zugleich machte die erste Vorstandschefin in der Geschichte der 1885 gegründeten Gesellschaft deutlich, dass die noch vorhandenen Stärken angesichts andauernd herausfordernder Rahmenbedingungen für das Geschäft nicht automatisch langfristige Sicherheit garantierten.
Um den Wert der HHLA nachhaltig erfolgreich zu entwickeln, soll die Digitalisierung als neues Geschäftsfeld im Unternehmen verankert werden. „Wir agieren an einer wesentlichen Schnittstelle der logistischen Transportkette“, sagte Titzrath. Dadurch könne die HHLA unternehmerisch erfolgreiche digitale Initiativen nicht nur identifizieren, sondern auch gemeinsam mit Partnern wertsteigernd realisieren. „Die HHLA soll der Motor des digitalen Wandels im Hamburger Hafen sein“, betonte die Vorstandsvorsitzende.
In diesem Jahr plant die HHLA Investitionen in Höhe von rund 160 Millionen Euro (2016: 145,5 Millionen Euro). Davon werden 81,3 Millionen Euro in den Terminalausbau für größere Schiffe und Prozessoptimierungen ausgegeben. Am Container Terminal Burchardkai (CTB) werden drei neue Containerbrücken installiert. Zugleich erfolgt die Erweiterung um vier automatisierte Lagerblöcke. Mit der „MOL Triumph“, dem derzeit größten Megaboxer der Welt (THB 30. März 2017), soll im Mai am CTB das erste Schiff mit mehr als 20.000 TEU abgefertigt werden. Für den Container Terminal Tollerort (CTT) sind zwei neue Containerbrücken gekauft worden. Drei weitere werden bestellt. Abgeschlossen sind bereits Arbeiten auf dem Container Terminal Altenwerder (CTA). Der Bahnhof ist von sieben auf neun Gleise erweitert worden.
„Das HHLA-Ergebnis dümpelt auf dem Niveau von 2016. Nach einem enttäuschenden Vorjahr 2015 im wichtigen Containersegment kann die HHLA hier auch in 2016 keine nennenswerten Impulse setzen“, kritisierte der parlamentarische Geschäftsführer und wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, Michael Kruse.
Der Vorstand müsse dringend eine Strategie zur Diversifizierung entwickeln, die die Abhängigkeit des Unternehmens vom Umschlag in Hamburg verringert. Die Hoffnung auf eine möglichst günstige Konstellation bei der Neustrukturierung der Reederei-Allianzen reiche nicht aus, um das Unternehmen in die Zukunft zu führen.
Dr. Stefan Behn erlebte gestern seine letzte HHLA-Bilanz. Er geht nach Vollendung seines 60. Lebensjahres mit einer üppigen Pension in Frührente. 50 Prozent des letzten Festgehalts stehen dem langjährigen HHLA-Vorstand (seit 1996) nach den Statuten des Unternehmens zu – das macht bei ihm rund 14.600 Euro pro Monat. Zum Vergleich: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würde knapp zehn Prozent weniger bekommen, wenn sie heute zurückträte, so der Bund der Steuerzahler. Insgesamt erhält Behn bis an sein Lebensende Jahr für Jahr 175.000 Euro. Der Manager war in der vergangenen Woche von Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch im Beisein von rund 300 Gästen in den Ruhestand ver abschiedet worden. FBi