Geisterschiffe in japanischen Gewässern

Experten bei der Untersuchung eines an die japanische Küsten getriebenen Holzkutters ohne Technik wie Radar oder GPS, Foto: Ed Mazza
Verweste Leichen auf Geisterschiffen – was wie Szenen aus einem Piratenfilm klingt, ist für japanische Behörden oft gruselige Realität. Doch über die Herkunft der Schiffe gibt es nur Vermutungen.
In Japan sorgen mysteriöse Schiffsleichen vor der Küste für Rätselraten. Allein seit Anfang Oktober hat man an Bord von 13 Geisterschiffen 21 verwesende Leichen entdeckt, teilte ein Sprecher der japanischen Küstenwache am Donnerstag auf Anfrage mit. „An fast allen Schiffen gibt es Hinweise, die vermuten lassen, dass sie von der koreanischen Halbinsel stammen.“ Auch japanische Medien berichten, dass die Toten vermutlich Nordkoreaner sind.
Eine Bestätigung dafür gibt es aber nicht, so der Sprecher. Man hat darum auch nicht das Regime in Nordkorea, mit dem Japan keine offiziellen Beziehungen unterhält, kontaktiert. Die baufälligen Schiffe befanden sich alle auf dem japanischen Meer. Erst diese Woche wurde der Fund einer männlichen Leiche bekannt, die auf einem angetriebenen Schiff vor der Insel Sado entdeckt wurde. Von dem Kopf der Leiche war nur noch der Schädelknochen übrig, berichtete die japanische Nachrichtenagentur Jiji Press. Der Tote trug einen schwarzen Pullover und eine orangefarbene Rettungsweste. In einem Rucksack befand sich eine Arbeiterjacke mit einem Abzeichen, das den verstorbenen nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Il zeigt. Am Schiff waren außerdem koreanische Schriftzeichen zu erkennen.
In japanischen und südkoreanischen Medienberichten wird darüber spekuliert, dass es sich um nordkoreanische Fischer handelt, die auf dem Meer abgetrieben wurden.
Aus Nordkorea gibt es immer wieder Berichte über Hungersnöte. Dass Schiffe mit Leichen vor Japan gesichtet wurden, ist an sich nichts Neues, sagte der Sprecher der Küstenwache. Allein in den vergangenen beiden Jahren sind es mehr als 100 gewesen. 2015 waren es bislang 34 Boote. 2014 wurden 65 Kutter gefunden. 2013 waren es sogar 80. Meist machen japanische Fischer die Schiffe aus und informieren die Küstenwache.
Die japanischen Behörden untersuchten am 1. Dezember fast ein Dutzend hölzerner Fischerboote, die im November an der Nordwestküste des Landes angetrieben waren. An Bord wurden stark verweste Leichen gefunden. Am 20. November waren auf drei Booten vor der Ishikawa-Präfektur insgesamt zehn Tote entdeckt worden.
Zwei Tage darauf dümpelte ein alter Holzkutter vor der Fukui-Präfektur. Am 1. Dezember wurde das Schiff dorthin eingeschleppt. Insgesamt konnten Leichenreste sieben Menschen zugeordnet werden.
Seit Oktober trieben insgesamt elf solcher Geisterschiffe mit 25 Toten an Bord manövrierunfähig in japanischen Gewässern. Die meisten der fragilen Fahrzeuge waren mit Netzen ausgerüstet und trugen koreanische Aufschriften, darunter in einem Fall die Inschrift „Korean People’s Army“ der nordkoreanischen Armee. Der schlechte Zustand und die geringe Größe der zehn bis zwölf Meter langen Kutter ist untypisch für Südkorea. Vermutlich hatten sich die nordkoreanischen Schiffe beim Tintenfisch-Fang zu weit von ihrer Küste fortbewegt. Die Boote waren alt, schwer und die Maschinen hatten nicht genug Kraft, um gegen eine ungünstige Strömung anzukommen. Es gab weder Radar noch GPS und andere Technologie an Bord. FBi/ts/dpa