Eis schmilzt, Frachter kommen

Lange Zeit wagten sich nur Abenteurer und Forscher in die Arktis. Doch durch den Klimawandel sind einst unzugängliche Seewege inzwischen im Sommer regelmäßig befahrbar. Das macht den hohen Norden auch für Frachtschiffe interessant.

Vor zehn Jahren waren Nordost- und Nordwestpassage erstmals gleichzeitig eisfrei, so das Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI). Seitdem hätten sich die Zeiten im Sommer verlängert, wo beide Strecken für Schiffe ohne Unterstützung von Eisbrechern befahrbar seien, sagt der AWI-Meereis-Experte Christian Haas und prognostiziert: „Das wird sich weiter ausweiten.“ Zwar gebe es von Jahr zu Jahr Schwankungen, aber alle Klimaexperten seien sich einig, dass die Arktis in den nächsten 30 bis 50 Jahren eisfrei sein wird. Als eisfrei bezeichnen Forscher die Arktis, wenn die Eisbedeckung im Sommer unter eine Million Quadratkilometer sinkt. Beim bisherigen Minusrekord im Jahr 2012 lag sie bei 3,6 Millionen Quadratkilometern.

Burkhard Lemper vom Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik in Bremen bremst die Erwartungen: „Das sind nur zeitweise freie Strecken.“ Für den Linienverkehr der großen Containerreedereien sei es schwierig, sie zu nutzen: Nur im Sommerhalbjahr könnten sie über die Arktis fahren, im Winterhalbjahr müsse man die klassische Route durch den Suezkanal nehmen. Für den Transport von Rohstoffen und Schwerlasten könne die Fahrt durchs Nordpolarmeer dagegen sinnvoll sein.

Die komplette Nordostpassage ist nur auf der Strecke zwischen Europa und Japan eine Abkürzung, stellt der Verband Deutscher Reeder fest. Die Nordwestpassage stehe bislang als alternativer Transportweg zum Panamakanal nicht zur Debatte. Die wichtigen Häfen an der US-Küste seien dadurch nicht schneller erreichbar.

In absehbarer Zeit wird also keine Haupthandelsroute durch die Arktis führen. Biologen fürchten trotzdem um die einmalige Tierwelt. „Fast 65 Prozent der arktischen Meeresumgebung waren im Jahr 2015 bereits von Schiffen befahren“, berichten US-Forscher in einer Studie. Mehr als die Hälfte der von ihnen betrachteten 80 Populationen lebt danach in Gebieten entlang von Nordostpassage und Nordwestpassage. Die Forscher sehen die Politik gefordert, Richtlinien für die Schifffahrt in der Arktis festzulegen: Schiffe müssten die wichtigsten Jagdreviere der Wale meiden, ihre Fahrtzeiten an deren Wanderungen anpassen, Lärm und Geschwindigkeit reduzieren. „Das gibt es in der Arktis noch nicht – das ist der große Unterschied zur Antarktis“, so der Biologe Christian Bussau von der Umweltorganisation Greenpeace. Ausnahme sei das Gebiet um Spitzbergen, aber für die Nordost- und die Nordwestpassage gebe keine Umweltvorschriften für die Schifffahrt. Derzeit durchführen rund 50 Schiffe pro Jahr die beiden Seewege. Die Zeit für Maßnahmen dränge, denn langfristig gesehen werde in der Arktis viel los sein. fab/dpa

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