„Verkehrskollaps bis 2020“

Dem Schiffshebewerk Scharnebeck, im Zuge des Elbe-Seitenkanals (ESK) eines der wichtigsten Infrastrukturbauwerke für den Seehafen-Hinterlandverkehr, droht bereits bis 2020 ein „Kapazitätskollaps“, wenn jetzt nicht umgehend eine zukunftssichernde Weichenstellung vollzogen wird.

Diese Warnung haben die Industrie- und Handelskammern (IHK) von Lüneburg-Wolfsburg sowie Braunschweig, die Handelskammer Hamburg, das Bündnis Elbe-Seitenkanal, die Elbe Allianz und die Kammerunion Elbe/Oder erneut bekräftigt. Damit nicht genug: Sie untermauern ihren eindringlichen Appell mit einem neuen „Ergänzungsgutachten zum Ausbau des ESK“, das am Freitag vergangener Woche in Lüneburg vorgestellt wurde. Mit der Ausarbeitung des Gutachtens wurde die Hanseatic Transport Consultancy (HTC) aus Hamburg beauftragt. Auf das neue Gutachten hatte ein norddeutsches Aktionsbündnis bereits Mitte Juni in Hamburg am Rande der Wirtschaftsminis terkonferenz hingewiesen (THB 19. Juni 2015).

„Zurzeit ist das Schiffshebewerk im norddeutschen Raum das Nadelöhr für alle Binnenschiffe vom oder zum Hamburger Hafen. Wenn dort nicht investiert wird, gefährdet das Entwicklungspotenziale und Arbeitsplätze in der gesamten Region“, fasste Michael Zeinert, Hauptgeschäftsführer der IHK Lüneburg-Wolfsburg, das Ergebnis des Gutachtens zusammen. Die am ESK gelegenen Häfen in Lüneburg, Uelzen und Wittingen hätten durch ihre trimodale Anbindung in den vergangenen Jahren besonders stark von dem Verkehrswachstum auf dem ESK profitiert. Zeinert: „Sie wären aber auch besonders von einer Stagnation betroffen.“

Um die Prognosen für das Gütermengenaufkommen zu aktualisieren, haben die Gutachter neben der Umschlagentwicklung im Hamburger Hafen auch die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die wirtschaftliche Situation im Hinterland des Elbe-Seitenkanals berücksichtigt. Außerdem wurden Gespräche mit Hafen- und Umschlagbetrieben, regionalen Wirtschaftsförderern und Großverladern wie der Volkswagen AG und der Salzgitter AG geführt.

2014 erzielte der vor gut 40 Jahren in Betrieb genommene ESK das beste Mengenergebnis seiner Geschichte mit rund elf Millionen Tonnen. Gegenüber 2011 sind das gut 28 Prozent mehr, berichtete Prof. Dr. Jan Ninnemann, Geschäftsführender Gesellschafter von HTC. Das sei damit deutlich dynamischer, „als wir es in unserem ersten Gutachten aus dem Jahr 2013 prognostiziert hatten“, ergänzte Ninnemann. Außerdem zeige die Studie, dass dies auf langfristige Entwicklungen im Umfeld des ESK zurückzuführen sei und sich das Wachstum fortsetze. Ein weiteres Fazit: „Der Transport per Binnenschiff über den ESK ist heute schlicht unattraktiv für Verlader“, stellte Ninnemann klar. Der Grund: Ausgerechnet die modernen und kos tengünstigen Schiffstypen, die aktuell das Marktgeschehen in der Binnenschifffahrt bestimmen, können das Schiffshebewerk Scharnebeck aufgrund ihrer Abmessungen „entweder gar nicht oder nur mit erheblichen Mehrkosten passieren“. Für Michael Zeinert von der IHK Lüneburg-Wolfsburg steht fest: „Es ist dringend erforderlich, die politischen Entscheidungsträger zu überzeugen.“ Eine neue Schleuse müsse schnellstmöglich realisiert werden. Dafür sei es wichtig, das Projekt in den derzeit aufzustellenden „BVWP 2015“ aufzunehmen, und zwar „mindestens im „Vordringlichen Bedarf“. Anderenfalls sei das Projekt „höchstwahrscheinlich innerhalb der kommenden 25 Jahre nicht mehr realisierbar“, befürchtet Zeinert. EHA

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